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KolumnenSechserpäckchen +1Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Zweierlei Antrieb“

Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Zweierlei Antrieb“

Am vergangenen Dienstag war es soweit: Valentin hatte seinen ersten Schultag. Und wie es guter Brauch ist, durfte er sich zu diesem besonderen Anlass eine Schultüte aussuchen. Entschieden hat sich Valentin für eine selbstgebastelte. Darauf eine korpulente Rakete und diverse bunte Planeten und Sterne, geschmackvoll zusammengestellt aus festem Karton. Alles sehr nett anzusehen, zumal ich selbst Science-Fiction-Fan bin und fest an die Realisierung der allerverrücktesten Vorstellungen in der Zukunft glaube. Gut, dahingehend ist auch schon die Gegenwart vorzeigbar, zumindest haben Trump und Kim Jong-un beachtliche Vorarbeit geleistet. Wahrscheinlich wünscht die sich Valentin im Rückblick in eine richtige Rakete gesteckt und bis weit hinein in die entfernteste Galaxie geschossen. Für den Moment aber muss jene dekorative reichen, die den Übertritt ins Schuluniversum markiert. Aber auch der lässt sich ein unverzichtbarer Aspekt entnehmen, auf den es gerade beim Lernen wesentlich ankommt: Der Antrieb. Der der Rakete ist zweistrahlig, Valentin und alle anderen müssen sich mit einem begnügen. Ist aber zweitrangig: Mit nur einem kann man auf zunächst total fremde Umlaufbahnen einschwenken, halt da, wo sich alles um Bildung dreht…

Aber erst mal war es nur sein Klassenzimmer, in dem wir und alle anderen Eltern der betroffenen Abc-Schützen uns zusammenfanden, den glänzenden Anfängen einer garantiert in jeder Hinsicht erfolgreichen Schulkarriere beizuwohnen. Hoffnung ist aber auch ein zu schönes Prinzip. Entspannung ist auch eines, ein ziemlich realistisches sogar. Was ich damit sagen will: Gute Noten sind toll, sehr gute… mein Gott, fantastisch! Aber klar darf auch mal eine schlechte die Lernstimmung trüben, oder eine furchtbar schlechte uns Eltern vorübergehend den Boden unter den Füßen wegziehen. Erstens könnten wir dabei artistische Fähigkeiten entwickeln, und zweitens gibt es immer etwas noch Schlimmeres als miserable Zensuren. Kopfschmerzen zum Beispiel, die man davon bekommt, sich immerzu Einstein und Co. vor Augen zu halten, wenn es um die schulischen Erwartungen geht. Auch Mittel- oder gar Mindermaß sind menschlich. Man muss sie sich ja nicht gleich als ultimative Richtschnur zurechtlegen, oder ihnen auf eine fast schon religiöse Art huldigen. Ich sage das, weil derlei tatsächlich in politischen Programmen auftaucht oder auch individuell vertreten wird.

Schule Erstklässler

Mit Vorliebe dann, wenn dem eigenen intellektuellen Ehrgeiz ein nur bescheidener Platz im Leben zugewiesen wird. Woraus wiederum ein durchaus politisches Projekt werden kann, wenn es denn mit Gleichgesinnten korrespondiert. Es ist also definitiv besser, es sich nicht komplett mit gewissen Ansprüchen zu verscherzen. Die kann man schon auch in Mimik und Gestik mancher Eltern deutlich herauslesen, andere dagegen scheinen an Traditionen anknüpfen zu wollen, für die eine möglichst weitgehende Bildung das Feindbild schlechthin ist. Klar kann man über den Bildungsbegriff streiten ohne Ende. Was zum Beispiel soll das Wissen über Planeten, Schwarze Löcher und den Andromedanebel schon Nützliches ausrichten dabei, wenn man mitten im Stau steckt? Nichts, gar nichts. Aber die ungeheure Winzigkeit dessen, wofür eine Blechlawine im Weltall steht, kurbelt womöglich Sinnfragen an, mit denen sich zu beschäftigen am Ende die Menschheit um Längen weiterbringen könnte als Genervtsein ohne Ende. Und letztlich schluckt uns einiger Wahrscheinlichkeit nach ein Schwarzes Loch ja doch mit Haut und Haaren. Woher ich das weiß? Als ob mit Ende der Schulzeit der Wissensdurst gestillt wäre…

Neben Valentins Schultüte mit Rakete und Sternen waren auch solche mit Rittern, Robotern, Fledermäusen, Einhörnern und Prinzessinnen zu sehen. Bei uns zuhause zusätzlich noch eine mit zwei lustigen Gespenstern drauf. Die hat die Pauline dem Max gebastelt, als persönliche Anerkennung dafür, dass er mit super Leistungen auf die fünfte Klasse des nächstgelegenen Gymnasiums gewechselt ist. Womit ihm mittel- bis mindermäßige Noten wohl eher ein Graus waren und sind, als dass er sie wohlwollend in Kauf nehmen würde. Aber das ist absolut ok, wenn es denn der Antrieb hergibt und die Fähigkeiten sowieso. Ein Antrieb übrigens, mit dem man schon auch durchstarten kann ins Weltall. Der aber eine Landung unter allen Umständen ausschließen kann: Die nämlich hintern Mond…

Fotos: Titelbild © Fotolia (Matthias Stolt) // Mitte © Pixabay

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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