Die Digitalisierung der Schulbank ist immer noch ein Zukunftsszenario. Der Overheadprojektor ist in vielen Klassenzimmern noch das Maß aller Dinge. Auf dem Schulhof zücken die Kids bereits in der Grundschule ihr Smartphone. Warum gibt es kein Schulfach, welches sich mit der Entwicklung und Programmierung von Soft- und Hardware beschäftigt? Der Einsatz von Computern im Schulunterricht findet so gut wie nicht statt. Auch weil die Lehrer ihre bewährten Pfade der Unterrichtsmethodik nicht verlassen wollen. Wohl auch, weil das Wissen und die Kenntnisse fehlen.
Lernen die Schüler besser oder schneller durch den PC? Laut ifo Institut bewirkt der Computereinsatz im Durchschnitt keine besseren Ergebnisse der Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften. Erkenntnis: Auf die Anwendung kommt es an. Unbestritten ist, dass Deutschland im Bereich der Informationstechnologie in Schulen höchstens Mittelmaß ist. Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert!
„Werden Computer zur Informationsbeschaffung und zur Ideensuche genutzt, steigen die Leistungen der Schüler. Werden die Rechner aber zum Einüben des Erlernten eingesetzt, sinken die Leistungen“, sagt Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik. Das ifo Institut untersuchte die Mathematik- und Naturwissenschaftsleistungen von über 400.000 Viert- und Achtklässlern aus über 50 Ländern im internationalen Schülerleistungstest TIMSS.
„Der durchschnittliche ‚Null-Effekt‘ ist ernüchternd, aber häufig belegt“, sagt Wößmann. „Neu ist unser Ergebnis, dass er die Kombination aus positiven und negativen Teil-Effekten ist.“ Würden Computer also mehr zur Informationssuche und weniger für Übungszwecke eingesetzt, so ließen sich bessere Effekte des Computer-Einsatzes im Unterricht erzielen.
„Viele Befürworter erhoffen sich von computerbasierten Unterrichtsmethoden einen technologischen Durchbruch, der das Bildungswesen grundlegend revolutioniert“, sagt Wößmann. „Unsere Befunde zeigen, dass eine qualitative Verbesserung des Unterrichts nur dann eintreten wird, wenn der Computereinsatz auf sinnvolle Anwendungen mit echtem Mehrwert fokussiert wird.“ Allerdings: „Mögliche Effekte auf die Fähigkeit, mit Computern umzugehen, wurden nicht untersucht“, sagt Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. „Unsere Ergebnisse beziehen sich auf Auswirkungen auf Schülerleistungen in den klassischen Unterrichtsfächern.“
Diese Ergebnisse sind deshalb wichtig, weil viel Geld in die Ausstattung von Schulen mit Computern und Internetzugang investiert wird. Befürworter erhoffen sich von computergestützten Unterrichtsmethoden, die traditionellen Frontalunterricht ablösen, wesentliche Verbesserungen der schulischen Leistungen. Die Autoren der ifo-Studie interpretieren die Befunde so, dass der Einsatz von Computern zu Übungszwecken Unterrichtszeit raubt, die auf andere Weise – etwa mit traditionellen Lehrmethoden – besser eingesetzt wäre. Im Gegensatz dazu scheint die Unterrichtszeit vergleichsweise zielführend genutzt zu werden, wenn Computer zur Suche von Informationen und Ideen genutzt werden.
Um zu den empirischen Ergebnissen zu gelangen, nutzten die Autoren moderne mikroökonometrische Methoden, die es erlauben, über die Beobachtung reiner Korrelationen hinaus näher an die Schätzung kausaler Effekte zu gelangen. Die gefundenen Effekte sind insgesamt stärker für Kinder aus sozio-ökonomisch bessergestellten Haushalten und treten vor allem in entwickelten Ländern auf.
Wir empfehlen Euch zu diesem Thema den Blogbeitrag „Das Informatik-Schulbuch meiner Töchter: Werft es weg – oder schafft den Informatik-Unterricht ab!“ von Dr. Sandra Schön. Sie schreibt über das Schulbuch „Ikarus Informatik 6/7“ von Oldenbourg aus dem Jahre 2004. Ihre jüngere Tochter ist zwölf, also etwa in dem gleichen Alter wie das Buch. Zwölf Jahre in der IT bedeuten etwa so viel wie die Evolution vom Einzeller zum Blauwal. Das Buch wird im aktuellen Schuljahr in ihrem Informatikunterricht genutzt – an einem bayerischen Gymnasium, 7. Jahrgangsstufe.
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Titelbild © Christian Schwier (Fotolia)
„Im Gegensatz dazu scheint die Unterrichtszeit vergleichsweise zielführend genutzt zu werden, wenn Computer zur Suche von Informationen und Ideen genutzt werden.“
Nicht zu vergessen das computergestützte Lösen von Problemstellungen! Genau deshalb plädiere ich auch für mehr Programmierung, um ein Grundverständnis für die Funktionsweise von Software zu bekommen. Leider weigern sich aber Organisationen wie der Deutsche Lehrerverband, das Problem überhaupt anzuerkennen: http://www.netztapas.de/lehrerverband-schadet-deutschland/
Das ist leider die traurige Wahrheit in Deutschland. Und an manchen Unis sieht es leider nicht besser aus. Was einem dort vermittelt wird ist teilweise über 10 Jahre alt und hat in der Wirtschaft keine Relevanz. Ich verstehe auch nicht, wieso man die Bildung nicht enger mit der Wirtschaft verbinden kann. Unternehmen haben doch ein Interesse daran, dass sie gut ausgebildete Leute bekommen. Wieso kann die Politik nicht Kooperationen mit Bildungseinrichtungen ermöglichen, um diese finanziell, aber auch beim Lehrstoff zu unterstützen?
Finanziell gerne. Fände eine Steuerfinanzierung aber besser. Inhaltlich sollten sich Unternehmen aber aus der Bildung raushalten, denn Bildung ist einfach mehr als nur Ausbildung. Bildung ist auch Selbstzweck. Nicht alles was man in Schule oder Uni lernt sollte darauf abzielen möglichst nützlich für die Wirtschaft zu sein, finde ich.
Nach dem Beitrag über die Informatikschulbücher, den ich letztens schon gelesen hatte bin ich jetzt das zweite Mal erschüttert. Overhead Projektoren werden immer noch genutzt? Really? 2015? Die hatten schon zu meiner Schulzeit ausgedient. Ich kann mich noch an mein erstes Referat erinnern, bei dem ich mangels eines Beamers die Folien aus PowerPoint ausgedruckt habe (Und die Lektion lernte das Tintenstrahldrucker und Folien bedrucken nicht wirklich toll klappt).
Ich habe wirklich gehofft, dass inzwischen jedes Klassenzimmer einen verdammten Beamer unter der Decke hängen hat. Das kann doch so schwer nicht sein.