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KolumnenSechserpäckchen +1Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Der Neue“

Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Der Neue“

Abkühlung tut Not. Das gilt für die richtigen heißen Tage im Sommer ebenso wie für Lebensmittel, die außerhalb kühlender Umstände sehr schnell Verfall und Verderben preisgegeben sind. Nur gut, dass es dafür hervorragende Erfindungen gibt, vorneweg den Kühlschrank. Logisch, dass so einer bei uns in der Küche herumsteht. Also herumstand, also der alte. Weil seit Kurzem haben wir nämlich einen neuen, einen mit jeweils einer Tür rechts und links, und Tiefkühlfächern, die zu zahlreich sind, um sie sämtlich in einer Kolumne unterzubringen. Aber die Hauptsache ist doch, dass insgesamt so viel reingeht, wie der Bedarf nach zu kühlendem Ess- und Trinkbaren vorhanden ist. Und der kann hoch sein, will man wahrhaben, dass die Kinder ja schließlich alle einmal groß und stark werden wollen. Darauf haben sie aber auch ein unveräußerliches Recht. Und ein großer und starker Kühlschrank kann sie in ihrem Ziel eigentlich nur unterstützen. Also habe auch ich dem Vorgänger kaum Tränen nachgeweint, hat er es doch einfach nicht mehr gebracht. Und dann ist da auch noch das unterste rechte Fach für Getränke rausgebrochen, einfach so. Ich finde, das darf es nicht. Immerhin lagern dort bayerische Biermixgetränke, bunte Limonaden und manchmal auch die megakrümeligen Rollen von Königen in spe. Prinzen traue ich mich gar nicht zu sagen, auf einmal tragen mir die kleinen wie großen Jungs noch nach, nicht zuerst sie damit gemeint zu haben. Nur gut, dass sie sich nicht gleich wie Könige fühlen, ich müsste glatt noch zum Hofnarr umschulen…

Mit dem neuen Kühlschrank wachsen wahrscheinlich auch die Erwartungen an Speiseeisvorräte ins Unermessliche. Erste Umfragen jedenfalls legen ungefähr diese Vorstellungen nahe, und im Hochsommer ist es ja auch nicht verkehrt, maximal schmackhafte Abwehrmaßnahmen vorrangig zu erwägen. So weiß Leander stark schokoladenhaltige Stielprodukte sehr zu schätzen, während es bei Jakob oder Leopold nicht wesentlich anders ist. Auch Valentin hält darauf ungeheuer viel Stücke beziehungsweise beißt er sie davon ab, während es Max in der Hauptsache schmecken muss, was eh das entscheidende Kriterium ist: Es muss schmecken. Und davon findet sich nunmehr noch mehr im Kühlschrank, seit der alte abgeholt wurde von einem temperamentvollen Italiener mit eigenem Barbetrieb. Oder war es ein Café? Egal, seinen Angaben zufolge kommt das gute alte Stück allein seiner Mutter zugute. La Mamma. La Papa klänge ja schon auch attraktiv, aber weißer Rauch aus unserem Schornstein hat nun wirklich nichts mit der Papstwahl zu tun.

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Manchmal glaube ich, der neue Kühlschrank ist groß genug, um darin die nächste Winterolympiade auszurichten. Jedenfalls weiß ich schon gar nicht mehr, was neben den üblichen Kühlprodukten noch mit hineinsoll. Oskar fällt da schon mehr ein. Lange genug lässt er ihn offenstehen, um seinen Kaufladen abzuräumen. Und er steht noch immer offen, als er beginnt, frisches Holzobst- und Gemüse auf die unteren Einschübe zu schichten. Welch ein Glück, dass dem grauen Kältebollwerk ein digitales Rückgrat verpasst wurde, dass auf bestimmte Notsituationen mit aufleuchtenden Symbolen reagiert. Höchste Zeit also, Oskar zu signalisieren, dass ab jetzt jegliche Belieferung mit vermeintlich Essbaren zu beenden ist. Dass er auf diese Nachricht nicht wirklich begeistert reagierte, war vorhersehbar. Dass er aber den Neuen deswegen gleich in seinen Grundfesten erschütterte, das war ganz sicher für vergleichbare Erdbeben ein Grund zur Eifersucht.

Groß und stark kann man also bereits sein, ehe man einen Kühlschrank auch nur in seiner ganzen existenziellen Bedeutung begreift, geschweige denn ausbeutet. Jetzt, wo die Hundstage schon zu Beginn dafür sorgen, dass die Zunge gar nicht mehr zurückfindet in den Rachen, ist uns der Neue natürlich auch der Liebste. Aufpassen muss ich schon, dass sich in den kommenden Tagen niemand darin einnistet, um Hitzewellen erfolgreich trotzen zu können. Zumindest dürfte es bei Schrankbesetzungen dieser Art verdammt eng werden, müssen doch auf der einen Seite Eisvorräte auf quantitativ hohem Niveau gesichert sein, auf der anderen Seite Getränke aller Art gerettet werden vor allzu aufdringlichen Annäherungsversuchen einer nur noch heißen Sonne. Und mit zwei Seiten meine ich zwei Seiten: Links die Tür, die Tiefgefrorenes tiefgefroren hält. Und rechts die Tür, die aufgehen soll, wenn man es nur ausversehen nicht auf ein Eis abgesehen hat. Noch mehr Türen konnte ich bislang keine finden. Aber was bitteschön hätte hinter diesen auch aufbewahrt werden sollen? Ein Yeti für den Hausgebrauch vielleicht? Warum eigentlich nicht. Der Max zum Beispiel steckt seine Spürnase nur zu gerne in geheimnisvolle, scheinbar unerledigte Angelegenheiten. Geheimnisvoll. Würde mich jetzt nicht wundern, wenn es in dem Neuen noch Geheimtüren gäbe. Also für eine täte ich mich nun wirklich aufgeschlossen zeigen. Nämlich für eine, hinter der es in kürzester Zeit zum Nordpol geht…

Fotos: © Pixabay

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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