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KolumnenSechserpäckchen +1Kolumne: Sechserpäckchen – „Frech wie Oskar!“

Kolumne: Sechserpäckchen – „Frech wie Oskar!“

Überraschung! Mit Oskar ist uns vor ziemlich genau einem Jahr ein weiterer männlicher Nachwuchs ins Haus geschneit, mitten im Sommer und wahrscheinlich auch deshalb von frappierend sonniger Ausstrahlung. Dass die Bekanntgabe der damit siebten zwischenmenschlichen Errungenschaft erst jetzt erfolgt, ist allein einem angemessenen Persönlichkeitsschutz geschuldet. Meine Mindestvorgabe war, kein Geburtswörtchen darüber vor seinem ersten Geburtstag. Zu gierig, unwägbar und rücksichtslos sind Arme, Schlund und Lautverstärker des Internets, als dass man damit nicht besser wartet, so lange es eben geht. Jetzt aber soll er Füßchen fassen dürfen in der digitalen Welt charmanter Familienkolumnen, also am besten hier. In keiner anderen nämlich ist er der Oskar, der früh angezeigt hat, wo`s langgeht. Indem er den rechten Arm langgemacht hat und den Zeigefinger fast noch länger, jedenfalls stramm und zielbewusst durchgestreckt. Oder erstmal durchschnauft, wenn Essen auf dem Tisch steht. Um beim Aussprechen von „Schnauferich“ erst recht Luft durch die Nase zu holen, um sie sehr cool gleich wieder hinauszulassen. Und erst seine Reaktion auf Piraten, die zu Obst und Gemüse statt Messer und Kanonenkugel greifen. Das haben die zwar nur in Strophe und Refrain getan, die weiße Flagge haben wir aber trotzdem gehisst…

Oskars kleiner Körper zuckt nämlich geradezu ekstatisch, sobald das Piratenlied ertönt. Angefangen mit Headbanging für Einsteiger, setzt sich die einmal begonnene Wellenbewegung abschnittsweise fort in Oberkörper, Hüfte und Beine. Vielleicht aus Trotz darüber, dass er noch nicht laufen kann. Wahrscheinlicher aber als wirklich komisch anzusehendes Resultat eines Rhythmusgefühls, dass bei uns allen schon anhaltend bewunderndes Lachen ausgelöst hat. Man kann gar nicht anders, als zu kapitulieren vor so viel individuellem Ausdruck frühkindlicher Lebensfreude. Im Sitzen macht der das übrigens auch immer wieder. Würde der dabei nicht verlässlich festgehalten, Oskar würde glattweg vom Fleck weg als alternative Energiequelle eingespeist werden in das deutsche Stromnetz. Von diesem Verlust hätten wir uns allerdings garantiert nicht mehr erholt, scheute und scheut sich Oskar doch nicht, noch weitere Formen scheinbar kindgerechter Unterhaltung auszuprobieren: So holt er extrem unangemeldet zu Schlägen mit der rechten, wahlweise linken Hand aus, die vor allem Dinge des täglichen Bedarfs (be-)treffen.

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Das können Töpfe sein oder Tassen, aber auch meine Brille oder die die von Max oder Leopold knallten bereits wenig überraschend auf Tisch oder Boden. Ich neige fast zu der Annahme, dass Oskars Rechte seinesgleichen sucht in der deutschen Nachwuchs-Boxerszene. Allein die ungeheure Schnelligkeit, mit der die nach vorne prescht, mein lieber Scholli! Von wegen also, dass Babys komplett hilflos sind. Mit Oskar haben wir wahrscheinlich einen künftigen Superhelden an Bord, womit sich auch richtige Piraten durchaus warm anziehen dürfen. Manchmal kommen aber auch schon die Geschwister nicht umhin, angesichts rigorosen Kampfgeschreis kapitulieren zu müssen. Und das sitzt dann so tief, da hilft nicht einmal mehr die Beschwörung des Kampfkükens…

Das ist überwiegend gelb, gestaltet aus Karton und Kunstfedern, hängt an einer Wand im Esszimmer und hat schon so manche handfeste Auseinandersetzung mit Oskar aushalten müssen. Er muss es nur frontal vor die großen Augen bekommen, schon setzt es was. Oder man braucht es nur auszusprechen, also „Kampf-kü-ken“, schon entwischt seiner rechten, wahlweise linken Hand jener Zeigefinger, mit dem er alles und jedes gestisch fokussiert, also auch das handgefertigte Crash-Gefiederchen. Kein Entkommen, nirgends. Dabei liegt ihm eigentlich fast genau so viel an entspannter Zustimmung, sei es für sich selbst, sei es für andere. Schon recht früh nämlich fanden beide Hände zum fröhlichen Klatschen zusammen. Und das tut er noch immer unvermittelt und oft: Wenn die Piraten mit Melonen angreifen, zum Beispiel. Oder wenn ihm lustige Grimassen gefallen. Zum Beispiel die, die ich ziehe, wenn uns unversehens weiterer Nachwuchs ins Haus steht. Um sich ebenso schlagartig zu verwandeln in Gesichtsausdrücke voller Neugier, Erstaunen und Glück. Halt das, wovon Oskar auch nicht genug kriegen kann…

Fotos: © Pexels

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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