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KolumnenSechserpäckchen +1Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Fußballhelden wie wir“

Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Fußballhelden wie wir“

Alle Welt schaut demnächst nach Russland. Nicht etwa, weil Putin auf einem vom ewigen Eis befreiten Mammut daherzureiten gedenkt oder Menschenrechte wie ursprünglich vorgesehen zu interpretieren sucht, nein, nichts von alledem. In Russland rollt demnächst außer dem Rubel der Fußball, in diesem Fall zum Zwecke des Erlangens des Weltmeistertitels. Das klingt ambitioniert und ist es auch. Erst recht für die deutsche Nationalmannschaft, für die sich neuerdings Gegner wie Österreich als uneinnehmbare Fußballfestung erweisen. Vielleicht war die Erwartung, dass die eh mit Mozartkugeln anstatt echter Lederbälle trainieren, das Ergebnis also ein schlimmstenfalls sättigendes ist. So kann man sich täuschen. Und deshalb nehme auch ich meine Gegner besser ernst: Max, der schon seit dem Sommer 2017 ansehnlich an Dribbelkunst und Schusskraft hinzugelegt hat. Jakob, der gerne mal einen Ball an sich ranlässt, obwohl er von Fall zu Fall nicht mehr weiß, warum. Leopold, dessen Verhältnis zu dieser Sportart entspannt bis unverkrampft ist, weil ein Ball mindestens so rund ist wie seine besten Gedanken und auch nur mit Wasser kocht, wer ein Tor schießt oder viele. Dass er selbst viele schießt oder auch nur eines, kommt jetzt nicht so oft vor, ist von der Ersatzersatzspielerbank aber auch nicht so ohne weiteres durchführbar, auf der er nur zu gerne entspannt draufhockt. Aber ganz ohne Zuschauer kommt halt das beste Spiel nicht aus, selbst wenn es nur im eigenen Garten abläuft und man nach richtigen Toren vergeblich Ausschau hält. Nach einem Schiedsrichter aber ebenso. Und das, wo man sich doch als Vater für die personifizierte Gerechtigkeit schlechthin hält…

Fußfaulheit ist aber längst nicht so verbreitet, wie es manchmal scheint. Valentin kann bei guter Kondition und Motivation einen brandgefährlichen Mittelstürmer abgeben. Einen, der sich den Ball richtiggehend erkämpft, um ihn abschließend zwischen einem verfetteten Ast und einem XXL-Strohhalm zu versenken. Richtige Tore mag es ja nicht geben, richtige Spielernaturen dagegen schon. Ein sich mächtig ins Zeug legender Valentin als Empfehlung für die deutsche Fußballnationalmannschaft 2028? Unbedingt! Für mich selbst hab` ich ja mal eine ähnliche Einschätzung abgegeben, muss irgend in den späten 80ern, frühen 90ern des letzten Jahrhunderts gewesen sein. Erzähle ich den Kindern heute noch gern, also was für ein tolles Ballgefühl ich doch hatte und garantiert noch immer habe, mit welcher eleganten Schusstechnik ich noch heute die Sinne der Kleinen zu verwirren mir alle Mühe gebe, und dass mich in Puncto Zuspiel eine Übersicht á la frühen bis mittleren Lothar Matthäus auszeichnet. Wobei ich hier schon Wert darauf lege, mit ihm ausschließlich auf fußballerischem Gebiet verwechselt zu werden. Unfreiwillig komische Sprachartistik ist nämlich genau so wenig mein Ding wie es der heimliche Griff nach der Krone des Frankenkönigs ist. Die des uneingeschränkten, grundgütigen Herrschers über sieben Kinder reicht mir völlig, oder waren es die sieben Zwerge? Die sieben Weltmeere jedenfalls kann ich kategorisch ausschließen, die haben einen Wellengang und eine komplett unübersichtliche Tiefe, das könnte ich ja niemals unter Kontrolle halten…

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Das letzte Gartenmatch gegen Max ging nur ganz knapp an mich. Gerade noch so, war doch der Ball am Tag darauf platt. Jetzt nicht in dem Sinn, dass ihm die Luft deshalb ausging, weil er es noch nie mit einer solch fantastischen Spielerpersönlichkeit zu tun hatte. Sowas in der Art reklamiert ja auch Max und Valentin für sich, und selbst Leopold würde bisweilen so weit gehen zu behaupten, dass tief in ihm drin ein wahrer Superheld des Fußballs schlummere. Wahrscheinlich aber dürfte der ebenso wenig wach zu bekommen sein wie Leopold selbst an den Wochenenden. Jakob würde ja niemals so weit gehen und sich zu einem Spitzenspieler verklären. Logisch, zu einem Spitzenhandwerker schon, und dass er auf alle Fragen die richtige Antwort hat, eh klar. Aber was seine Beziehung zum Ball angeht, so scheint hier die Scheidung bereits vollzogen, ehe er auch nur den ersten coolen Anmachspruch über die Lippen bringt. Und Fußbälle sind ja eigentlich total empfänglich für sowas, wenn man sich nur überlegt, wie unglaublich weit es zum Beispiel der Loddar damit gebracht hat.

Einen gibt es noch, der hat das mit der entscheidenden Funktion des Fußes auch noch nicht so ganz verstanden: Oskar. Zumeist trägt er den Ball ins Tor oder einfach nur so übers Feld, also quer durchs erste Drittel des Gartens, wenn überhaupt. Aber nur Zuschauer zu sein, während andere in Trickkiste und Zauberkasten des deutschen Breitensports schlechthin greifen, damit will er sich nicht zufriedengeben. Und den Ball hergeben, nur weil ich oder Max oder Valentin doch tatsächlich das Tor des Jahrhunderts zu schießen gedenken – ausgeschlossen. Also erzähle ich ihm von Putin und davon, dass in seinem Land bald die nächste Fußball-WM stattfindet. In der Hoffnung, dass er deshalb zu klatschen beginnt, den Ball also fallen lässt. Tut er aber nicht. Da fällt mir ein: Wie dumm von mir, an Österreich nicht überwältigend positiv gedacht zu haben und ihm eine Mozartkugel zu versprechen…

Fotos: © Pixabay

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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