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InterviewsRüdiger Dreier: Was bedeutet es für Dich, ein Vater zu sein?

Rüdiger Dreier: Was bedeutet es für Dich, ein Vater zu sein?

Sag ich doch: Eine Serie ist geboren! Heute präsentieren wir Euch die Antwort auf das beste Upgrade des Lebens von Rüdiger Dreier. Rüdiger ist verheiratet, hat zwei Töchter im Alter von 1 und 3 Jahren und ist Dipl-Sozialpädagoge, Familientherapeut und bloggt auf mannpluskind.de. Ich habe ihn auf einer Veranstaltung von muensterblogs.de kennengelernt und wir haben uns direkt auf einen Gastbeitrag geeinigt.

DADDYlicious: Was bedeutet es für Dich, ein Vater zu sein?

Als Mark mich gefragt hat, ob ich ihm eine Frage beantworten könnte, habe ich nicht mit DER Frage gerechnet. Die steht ja auf einer Stufe mit: Was ist der Sinn des Lebens? Und ist nicht mal eben in zwei Minuten zu beantworten 😉 Wie gut, dass ich eine Nachteule bin …

Vorweg, ich bin super gerne Vater, mit allem was dazugehört. In schönen wie in stressigen Zeiten. Und von beiden gibt es reichlich. Gott sei Dank überwiegen aber mit Abstand die schönen 😉

Vater sein bedeutet für mich mitzubekommen, wenn ein neuer Zahn im Anmarsch ist; zu wissen, welches neue Puzzle die Große bereits alleine schafft; der weltbeste Schmerzenwegpuster zu sein, wenn sich die Kleine den Kopf gestoßen hat; ohne Kommentar die Windel zu wechseln, wenn meine Tochter sich zum dritten Mal innerhalb einer Stunde vollgeschissen hat; abzuschätzen, ob die Kletterhöhe der 1-Jährigen sich noch im grünen Bereich befindet; mich beim Arbeitgeber kindkrank zu melden, wenn die Große nachts erbrochen hat oder auch mal richtig genervt und ärgerlich zu sein, wenn die 3-Jährige abends um 22h immer noch nicht eingeschlafen ist.

Vater sein bedeutet für mich auf Elternabende in die Kita zu gehen; die Große zum Kindergeburtstag zu begleiten; morgens alle Zeitpläne über den Haufen zu werfen, weil eins der Kinder sich das halbe Marmeladenglas in die Haare geschmiert hat; mit der Kleinen stundenlang im Sand zu spielen; mich mit Verbandsmaterial verarzten zu lassen; um drei Uhr nachts ein Fieberzäpfchen zu geben; begeistert in die Hände zu klatschen, wenn meine Jüngste die ersten Schritte auf mich zu läuft – äh wackelt und die Große auf den Arm zu nehmen, wenn sie sich in unbekannter Umgebung unwohl fühlt. Vater sein heißt für mich täglich Alltag mit meiner Familie zu erleben. In zwei Wörtern: Family first!!!

Vater sein bedeutet für mich aber auch manche Dinge in der Erziehung ganz anders zu machen als meine Herzdame. Bei mir darf die Große aus zwei Meter Höhe in meine Arme springen oder mit dem Fahrrad einen Berg runterdüsen. Und die Kleine sitzt ab und an mal neben mir auf der Küchenplatte, wenn ich ihr eine Milchflasche mache.

Wann bin ich Vater, Partner, Arbeitnehmer und wann gibt es Zeit für mich? Oder anders gesagt, jeder will was von mir und wo bleibe ich? Sich gestresst und innerlich zerrissen zu fühlen gehört daher für mich ebenso zum Vatersein dazu.

Vater sein heißt für mich ein Vorbild zu sein. Ich bin der erste Mann im Leben meiner Töchter (und bekomme heute schon Stresspickel, wenn ich an den Tag denke, an dem meine Mädchen ihren ersten Freund mit nach Hause bringen). Wie ich als Mann und Vater Beziehung und Familie lebe, prägt meine Töchter für spätere Partnerschaften. Aber auch meine Einstellungen und Werte erleben meine Töchter durch mein Tun und Handeln. Einiges davon übernehmen sie, anderes wiederum auch nicht.

Angst und Unsicherheit darf ich nicht vergessen. Die Gefühle gehören für mich definitiv zum Vatersein. Meine Tochter stürzt mit dem Kopf auf den Betonboden, der ganze Mund ist voller Blut, sie schreit und lässt sich von mir nicht beruhigen, HILFE! Die Kleine fiebert, das Fieberthermometern zeigt 40,5 Grad und sie ist nicht mehr ansprechbar, WAS TUN? Bekommen wir einen Kitaplatz zum Sommer oder nicht? Oder ganz lapidar, darf ich meiner jüngsten Tochter auch schon ein paar Stücke vom Erdbeerkuchen geben?

Vater sein heißt für mich auch dankbar sein! Ich habe eine tolle Frau und zwei super Töchter. Als ich zum ersten Mal meine Töchter direkt nach der Geburt in den Armen hielt, habe ich ihnen versprochen sie zu lieben, immer für sie da zu sein, mich um sie zu kümmern und sie zu beschützen. Und das werde ich tun, solange ich lebe.

In wenigen Tagen endet meine Elternzeit. Dann geht es für mich – mit reduzierten Stunden – zurück in den Job. Meine Frau arbeitet seit Januar mit voller Stelle. Sechs Monate Rund-um-die-Uhr-Papazeit liegen hinter mir. Trotz Wäscheberge, durchwachten Nächten und Kinderbüchern, in denen Väter nur als passive (zeitungslesende) Daddys dargestellt werden: Es war eine super Zeit!

Mark Bourichter
Mark Bourichter
Mark Bourichter ist Vater von Henri, Baujahr 2012. Er macht seit über zehn Jahren was mit Medien. Seine Arbeiten sind mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Internationalen Deutschen PR-Preis und dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation.

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