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Interview mit Training Specialist und Bald-Papa Dr. Kianoush Missaghi

Momentan schreiben wir häufiger über Fitness und Bewegung. Das hat nicht direkt mit Eurer Papa-Rolle zu tun. Aber gerade jetzt in Zeiten des „social distancing“ stecken viele von Euch in einem kräftezehrenden Spagat zwischen Homeschooling und Arbeit. Da sorgt Sport auf jeden Fall für gute Gedanken und ein wohliges Gefühl. Wir wollten noch mehr dazu erfahren. Dafür haben wir Dr. Kianoush Missaghi gesprochen, einen Training Experience Manager und somit ein Experte zu diesem Thema.

Hier sind zehn Antworten von DR. KIANOUSH MISSAGHI

1. Hallo Kianoush, Du arbeitest als „Training“ Specialist bei Freeletics, der international führenden Fitness-App. Was machst Du in dieser Funktion?

Meine Kollegen und ich sind grundsätzlich für die Trainings-Experience unserer Nutzer zuständig. Das fängt beim Design der Trainings und der Trainingspläne an und setzt sich fort in der Zusammenarbeit mit den Entwickler- und Produkt-Teams, um diese Inhalte letztendlich in die App zu bekommen. Zusätzlich haben wir für alle anderen Business Units beratende Funktion, wenn es um das Thema Training als solches geht. Das heißt, wir schauen auch, was im Markt so passiert, was unsere Konkurrenz macht, bilden uns weiter und nicht zuletzt haben wir ein Auge darauf, dass das Training nicht nur effizient und erfolgreich ist, sondern auch Spaß macht.

2. Momentan sind alle Fitness-Studios geschlossen, die Leute halten sich zuhause fit. Eure App müsste davon profitieren…

Wir haben im Januar eine Produkt-Launch gehabt und dabei einige Features implementiert, die unseren Nutzern in der Lockdown Situation geholfen haben, darüber sind wir schon sehr froh. In Situationen wie diesen, tut es gut auch als Company einen, wenn auch kleinen, Beitrag zu leisten. Konkret haben wir schon seit Januar steigende Nutzerzahlen sehen können, der Lockdown hat das auch noch etwas verstärkt, so dass wir aktuell 46 Millionen registrierte Nutzer auf der ganze Welt haben.

3. Sport ist also nicht nur ein Hobby, sondern Dein Beruf. Gibt’s bei Dir trotzdem auch mal Pommes Rot-Weiß auf dem Sofa?

Ich liebe es zu kochen und auch zu essen und mir ist grundsätzlich die Qualität der Lebensmittel, die ich zu mir nehme, sehr wichtig. Normalerweise achte ich sehr auf frische und wenn möglich nicht industriell verarbeitete Lebensmittel.  Alle paar Wochen gibt es aber auch mal Junk Food, das belastet mich dann auch nicht und hat keinen negativen Effekt auf meinen Körper. Wenn man generell ein gesundes Essverhalten hat, dann ist so ein kleiner Ausreißer dann und wann völlig in Ordnung.

Freeletics Running
© Freeletics

4. Gerade jetzt sind viele Väter im Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und „social distancing“. Ist das ein gutes Setup, um an Fitness zu denken?

Es gibt keine gute oder schlechte Zeit für Bewegung, für mich ist es eher eine Frage nach der Art des Trainings. Ich denke, man sollte immer versuchen, körperliche Betätigung in den Tagesablauf zu integrieren. Das kann bedeuten, dass man seine liebgewonnen Routinen anpassen oder aufgeben muss, wenn das Fitnessstudio gerade eben zu hat, aber es gibt so viele Möglichkeiten, dass ich die Setup-Ausrede nicht gelten lasse. Du kannst Bodyweight Training machen, du kannst deine Kids ins Training involvieren, du kannst auch laufen gehen und dein Kind fährt mit dem Rad nebenher. Hier ist ein bisschen Flexibilität und Kreativität gefragt. Außerdem hat man gerade als Papa ein Vorbildfunktion, was Bewegung angeht. 

5. Es heißt, dass auch Väter einen Babybauch bekommen. Allerdings geht der, anders als bei den Mamas, nicht automatisch wieder weg. Wie gelingt der Sport-Start?

Wenn man eine längere Pause hatte, gilt es für eine Rückkehr drei Sachen zu beachten. Erstens ist man nicht mehr so fit wie man davor war, zweitens hat man vermutlich etwas zugespeckt und drittens hat man seine Routinen verloren. Wichtig ist, das neue Sportprogramm  so anzupassen, dass man es auch durchziehen kann. Denn Erfolg beim Sport ist immer  eine Frage der Konsistenz. Es nützt nichts beispielsweise die alte Lieblingsstrecke zu rennen oder mit den selben Gewichten oder derselben Übungsintensität anzufangen. Das ist zum Scheitern verurteilt, weil man sich durch den Mißerfolg demotivieren lässt, vielleicht auch noch übersäuert und dann erst gar nicht in eine neue Routine findet. Egal, welcher Art der Sport sein soll, der Einstieg muss mit einem realistischen Ziel stattfinden und mit einer Regelmäßigkeit, die man über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten kann. Lieber langsam anfangen und  steigern, wenn man erst wieder eine Routine entwickelt hat, dann kommt die Leistungssteigerung von selber und man kann das Training hochfahren.

6. Beim Sport gibt es unterschiedliche Ziele: Ausdauer steigern, abnehmen, Muskeln aufbauen oder sich einfach gut fühlen. Wie findet man dazu jeweils das passende Programm?

Das Programm ist eigentlich sekundär, denn für alle diese Ziele gibt es verschiedenste Programme, vorrangig ist hier vor allem die Regelmäßigkeit ausschlaggebend und natürlich der Grad der Belastung. Mit jeder Art von Training wird man sich besser fühlen. Auch abnehmen kann man mit jeder Art von Bewegung,  Wenn man sich etwas sucht, das einem Spaß macht, fällt es einem leichter dran zu bleiben und dann kommt auch irgendwann der Trainingserfolg.

Eine schlechte Nachricht ist allerdings, dass sich schlechte Ernährungsgewohnheiten kaum mit Sport kompensieren lassen, eine Faustregel ist hier das Verhältnis von Bewegung 30% zu Ernährung 70%. Ein Bewusstsein für Kalorienbalance ist hierfür wichtig. Wenn man abnehmen möchte, muss man dem Körper weniger Energie zuführen als er verbraucht, dann nimmt er es sich von den Fettreserven. Abnehmen ohne Hunger und ohne Ernährungsumstellung ist also nicht möglich.

7. Sicherlich probieren viele Nutzer Angebote wie Freeletics aus, brechen dann mangels Motivation aber wieder ab. Wie schafft man es, dranzubleiben?

Die gute Nachricht ist, ab einem gewissen Punkt braucht es weniger Motivation, um im Training zu bleiben, weil man sich an die Trainingsroutine gewöhnt hat. Aber am Anfang hilft es, externe Motivation zu suchen, wie zum Beispiel ich will schlanker, stärker, muskulöser oder einfach fitter sein, um so eine Routine zu etablieren. Wenn das gelingt, wird es irgendwann ein Selbstläufer und die Art der Motivation ändert sich. Sie kommt dann mehr aus einem selber und auch die Ziele ändern sich. Und umso fitter du bist, je länger wirst du auch fit bleiben, Sport mit deinen Kindern machen können und auch im Alter beweglich bleiben.

Freeletics Hometraining
© Freeletics

8. Väter sind immer auch Vorbild für ihre Kinder. Hast Du da auch einen Tipp, wie der Nachwuchs einen Sport findet, der ihn möglichst lange begeistert?

Bei Kindern würde ich das etwas anders angehen. Ich denke, es ist sehr wichtig den Kindern die Möglichkeit zu geben sich auszuprobieren und sich nicht zu früh zu spezialisieren. Erstens ist bei einem noch nicht ausgewachsenen Körper gar nicht klar, wo die Stärken in Zukunft liegen werden und außerdem gibt es signifikante Zusammenhänge im Leistungssport zwischen früher Spezialisierung und Depressionen. Wir wollen doch eigentlich, dass unsere Kinder ein gesundes Leben führen, da ist die Begeisterung für einen mobilen Lebensstil viel wichtiger als die Art des Sports. Und letztendlich muss man ja auch kein Leistungssportler werden.

9. Du wirst auch bald Papa. Was hat sich verändert, seit Du davon weißt? Und wie ist Dein aktueller Plan für Deine Fitness nach der Geburt?

Ich denke da tatsächlich ständig drüber nach. Ich habe ein bisschen Angst davor, meine Routinen ändern zu müssen. Aktuell trainiere ich viermal die Woche mit Langhanteln und zweimal gehe ich laufen. Mir ist ziemlich klar, dass ich das nicht genauso durchhalten werden kann, aber meine Antwort ist so ein bisschen wie auf die Frage mit der Lockdown-Thematik. Mein Plan ist das Training flexibel anzupassen, dafür werde ich mir einen Trainingsplan erstellen, der nicht aus starren Einheiten besteht, sondern aus Einzelübungen, die ich mit bestimmter Regelmäßigkeit umsetzen möchte. Damit kann ich das Training auch über den Tag verteilen und habe das Zeitproblem schon mal ausgeschaltet. Außerdem habe ich einiges an Equipment zuhause, damit es nicht daran scheitert, wenn ich es nicht in unsere Trainingsarea schaffe. Und dann muss man, glaub ich, einfach die Gelegenheiten nutzen, die sich bieten.

10. Die Menschen bewegen sich immer weniger. Macht Dir das Sorgen und wie rüttelt  man die wach?

Ja da mache ich mir schon Gedanken dazu und da gibt es viele Institutionen, die etwas dazu beitragen könnten, dass das nicht so ist. Auf der anderen Seite gibt es mir auch Motivation für meine Arbeit, weil die Freeletics App genau dafür geeignet ist.

Jeder, der einen ganzheitlichen fitten und gesunden Lebensstil führen möchte, bekommt mit Freeletics dazu das nötige Wissen, die Anleitung und die Motivation an die Hand. Das heißt, ich trage mit meiner Arbeit auch ein wenig dazu bei, dass Menschen einen gesunden Lebensstil führen können. Und zum wachrütteln, naja zwingen kann man ja keinen zu seinem Glück, aber als Teil der Fitnessindustrie können wir Zugänge zu Wissen und Trainingsmethoden schaffen und den Menschen zu Verfügung stellen, den Weg müssen sie dann schon selber gehen.

Hey Kianoush, vielen Dank für Deine umfassenden und hilfreichen Antworten! Und Dir einen tollen Start mit dem Familienzuwachs.

WOW, was für spannende und motivierende Infos. Wir hoffen, dass Euch, liebe Leser, diese Einblicke auch weiterhelfen. Wenn Ihr noch einen Schubs braucht, dann hört gern Podcast-Folge 2 unserer Ergo Wohnzimmergespräche mit Paula von Laufvernarrt.

Auf geht’s!

Fotos: © Freeletics

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel ist Patchwork-Dad von drei Kindern, die eigene Tochter Mika ist im April 2012 geboren. Der Hamburger ist Online-Publisher und betreibt neben Daddylicious auch das "NOT TOO OLD magazin" inklusive Podcast. Außerdem schreibt er für ein paar Zeitschriften und Magazine und hilft Kunden und Agenturen als Freelance Consultant. Nach dem Job entspannt er beim Laufen oder Golf.

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