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10 Fragen an Daddy Uli Wittmann

Es gibt diese Väter, die man kurz sieht und die einen gleich begeistern. Uli ist so einer. Zu einer Presseveranstaltung bei einem Kindersitzhersteller erschien er kürzlich im gemütlichen Pullover und mit einem seiner Kinder auf der Schulter. Ein Naturbursche, der viel zu erzählen hat, soviel war nach wenigen Minuten klar. Daher freue ich mich, dass er zu einem Interview bereit war. Denn von diesem Gipfelstürmer und Familienmenschen gibt es einiges zu lernen und zu erfahren.

Hier sind die 10 Antworten von ULI WITTMANN:

1. Wer bist Du und was machst du?

Tja, das frage ich mich manchmal auch! Ich heiße Ulrich „Uli“ Wittmann, bin 42 Jahre alt und Vollzeitpapa. Kinderoutdoor.de ist ein Lieblingsprojekt von mir. Ich arbeite als freier Redakteur für das Magazin Bergsteiger, Skimagazin, Nordicsports und andere Publikationen. Außerdem schreibe ich Wanderbücher und Reden. Online verleihe ich Kindertragen und Rucksäcke.

Autor Ulrich "Uli" Wittmann

2. Du bist sportbegeisterter Outdoor-Profi. Warum ist Dir dieses Thema gerade für Kinder so wichtig?

Kinder sind geborene Entdecker. Seit vielen Jahren bin ich bei den Pfadfindern und mein ganzes Leben lang kein Stubenhocker gewesen. Was ich aber so mitbekomme, lässt mich meine Haare noch weiter ergrauen. Da hilft keine Tönung. Manche Eltern überfördern die Kinder mit den unmöglichsten Kursangeboten. Die meisten davon finden drinnen statt und so nehmen sie den Kleinen die Möglichkeit für sich die Umwelt zu entdecken. Auch wenn es drastisch klingt: Es kommt eine Generation heran, die keinen Bezug mehr zur Natur hat. Mein Anliegen ist es, die Kinder wieder im Freien spielen zu lassen. Eigentlich eine Minimalforderung.

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3. Hast Du das Gefühl, dass sich Kinder immer weniger bewegen und trifft die Schuld auch die Eltern?

Wir erleben die Generation Stubenhocker 2.0 Wie zu allen Lebenslagen gibt es auch hierzu Studien. Bevor die Kinder in die Schule kommen gehen sie fast zehn Kilometer am Tag zu Fuß. Das bringen manche Erwachsene nicht zusammen. Doch die tägliche Kilometerleistung der Kinder nimmt schlagartig ab, wenn sie in die Schule kommen. Plötzlich müssen sie die meiste Zeit still sitzen. Gerne fällt der Sportunterricht aus. Doch die fehlende Bewegung der Kinder hat tiefere, gesellschaftliche Gründe. Es gibt zwei Arten von Kindern: Die Mulitfunktionalen und die Multimedialen. Die erste Gruppe lernt schon vor dem Kindergartenalter mindestens eine Fremdsprache, dazu muss es mindestens ein Instrument spielen, geht in diverse Kurse und treibt Sport. Obligatorisch ist auch ein Malkurs.

Wenn ein solches Kind in die Schule kommt, hat es bereits eine 50 Stunden Woche. Es ist unglaublich wohin diese Kinder jeden Tag gekarrt werden. Denn manche Eltern hüpfen über jedes Stöckchen, dass man ihnen hinhält. Globalisierung? Klar doch, hier muss das eigene Kind die Nase vorne haben, da bietet es sich doch an, eine Fremdsprache zu lernen und zwar bevor es in die Schule kommt. Für das Kind nur das Beste. Doch welches Kind möchte von sich aus, wenn ein Elternteil nicht eine andere Muttersprache redet, freiwillig Englisch lernen? Dabei gaukeln sich die Eltern und diese Förderindustrie immer vor, dass alles ganz kindgerecht ist. Dem stimme ich zu und ebenso dem Grundsatz, dass die Erde eine Scheibe ist.

Das andere Extrem sind die Multimedialen Kinder. Die lernen schon früh im Internet zu surfen und die Spielkonsole zu bedienen, weil sich die Eltern zu wenig um die Kinder kümmern. Sport findet hier am Bildschirm statt. Jedes Auto-Navi übertrifft mit seiner Grafik und Auflösung, die Computerspiele wie ich sie noch aus den 80ern kenne. Doch eines verbindet die multifunktionalen und multimedialen Kinder: Sie kommen zu wenig raus und treffen sich so gut wie nie mit Gleichaltrigen zum Spielen. Experten nennen das autonome Kindergruppen. Dabei Kinder können sich gar nicht mehr treffen, weil die Eltern sie von Kurs zu Kurs karren oder sie verdaddeln vor der Spielekonsole ihre Zeit. Deshalb liebe Eltern: Lasst die Kinder in Ruhe und schickt sie raus.

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4. Deine bevorzugte Region ist der Süden der Republik nahe der Grenze zu Österreich. Ist der Wohn- und Freizeitwert dort Deiner Ansicht nach höher als im Norden?

Zum Glück kenne ich den Norden gut und bin immer wieder dort auf Verwandtenbesuch. Wohn- und Freizeitwert mache ich weniger an Bergen fest. Paddeln auf der Ostsee, Segeln in der Kieler Förde, die Holsteinische Schweiz haben auch einen hohen Erholungswert. Und im Norden gibt es für mich immer eine Menge zu entdecken. In Hamburg habe ich dieses Jahr gesehen, dass bis zu fünf Kita-Stunden täglich die Stadt übernimmt. Von so was träumen wir im Süden. Alles in allem, ein klassisches Unentschieden zwischen Nord und Süd.

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5. Du hast drei Kinder. Sind die mit Dir gern in den Bergen unterwegs oder musst Du sie manchmal auch überzeugen? Mit welchen Highlights kriegst Du sie überzeugt?

Meine Kinder wissen, dass das Bergsteigen für mich mehr ist als nur Freizeit. Es ist meine Arbeit und meine große Leidenschaft. Aber fast jedes Kind will doch einmal wissen, was der Papa den ganzen Tag so macht und da kommen die drei gerne mit. Anstatt in einem langweiligen Büro latscht der Papa durch die Berge und erzählt lustige Geschichten. Meine Töchter wissen auch, dass jede Tour anders ist und wir immer irgendetwas Besonderes erleben. Die Kinder gehen mit mir gerne in die Berge, ohne dass ich sie mit vermeintlichen Highlights wie eine Sommerrodelbahn ködern muss. Wir nehmen auch immer wieder andere befreundete Kinder mit und so haben wir alle unseren Spaß in den Bergen.

6. Ist Wandern mit Kindern nicht auch gefährlich? Welche Erfahrung und welche Ausrüstung sollte man dabeihaben?

Danke Kai, dass Du diesen Punkt ansprichst. Bergsteigen ist so ungefährlich wie Billard. Klar, je höher Du steigst, um so mehr nimmt auch das Risiko zu. Leider sind manche Eltern extrem auf den Gipfel fixiert. Schließlich will man ja im Bekanntenkreis was zu erzählen und in den sozialen Foren was zu posten haben:“ Ich bin mit der ganzen Familie auf einem Zweitausender/Dreitausender/Viertausender gewesen!“ Den Kindern ist es grundsätzlich egal, wie hoch der Berg ist.

Noch uninteressanter ist für die Kinder der Gipfel. Warum sollen sie da hoch? Kennst Du einen vernünftigen Grund dafür? Selbst wenn die Aussicht noch so grandios ist, Kinder finden sie stinklangweilig. Ich hörte einmal von einer guten Freundin, dass deren Nachbar seine zehnjährige Tochter auf den Mont Blanc schleppen will und die Freundin fragte mich, warum ich das nicht mit meiner ältesten Tochter auch tue.

Meine Antwort: „Weil es unverantwortlicher Schwachsinn ist!“ Wenn ich mit den Kindern unterwegs bin gehe ich kein Risiko ein. Punkt! Leider erlebe ich in den Bergen immer wie unvernünftig die Erwachsenen sind. Sie bringen sich und die Kinder in höchste Gefahr. Da wird, ohne die Kinder nachzusichern, mit völlig unzureichender Ausrüstung ein Klettersteig gegangen. Spaß haben die Kinder dabei keinen, aber verdammt viel Angst. Glaubst Du Kai, dass ein Kind nach so einer extremen Situation noch einmal Lust hat, mit dem Vater in die Berge zu gehen?

Wer erfahren in den Bergen ist, der weiß was er den Kindern zumuten kann und was nicht. Leider gibt es ein großes Magazin, das immer wieder den Lesern suggeriert wie einfach es ist sich draußen und in den Bergen zu bewegen. Da gibt es dann tolle „Profitipps“ wie bei Regen die Reißverschlüsse zu schließen. Das Ganze mit gezeichneten Bildchen für die ganz schlichten Gemüter. Eigentlich ist das schon unfreiwillige Satire.

Nach der Lektüre über Klettersteige meinen die Leser, sie brauchen nur die Karabiner in das Fixseil vom Klettersteig einklicken und es geht von alleine rauf. Ein Irrtum. Wichtig ist in den Bergen, sich selbst und die Kinder optimal auszurüsten. Turnschuhe sind in den Bergen das falsche Schuhwerk. Leider sparen manche Eltern an der Ausrüstung von den Kindern und sie müssen zu große Schuhe tragen. Da kommt kein Spaß auf. Für Kinder gibt es spezielle Rucksäcke und die Kleinen sollte man nie mehr als 10% vom Körpergewicht tragen lassen.

Packt folgendes für eine Tagestour ein: Erste Hilfe Set, Wechselwäsche, Essen uns Trinken, Regensachen, Taschenmesser, Handy, Karte und Kompas, Geldbörse, Sonnenschutz und eventuell Trekkingstöcke. Vom DAV sind die Touren mit blau (einfach) rot (mittelschwer) und schwarz (schwer) gekennzeichnet. Diese Farbpunkte sind auch auf den gelben Wegweisern zu sehen. Selbstüberschätzung führt zu einem Einsatz der Bergwacht und mit etwas „Glück“ zu einer kurzen Meldung in der Lokalpresse.

7. Was können Eltern noch auf Deiner Seite kinderoutdoor.de erfahren?

95% der Leser von Kinderoutdoor.de sind Mütter. Warum? Weil Mütter den Urlaub buchen, die Outdoorkleidung und Schuhe für die Kinder einkaufen, Geschenke organisieren und vieles mehr erledigen. Auf Kinderoutdoor.de gibt es Infos zu Outdoor-Abenteuern, Koch-Rezepte für Kinder, Buchbesprechungen, Tourenvorschläge mit kostenlosen GPS Download, Experteninterviews, Spiele und Basteleien, Familienunterkünfte, praktische Packlisten, Veranstaltungstipps, Testberichte und scharfes für Mama und Papa zu. Immer wieder erscheint auch das Online Magazin.

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8. Drei Kinder sind heute ja schon exotisch. War eine große Familie schon immer Dein Plan und wie schaffst Du es, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen?

Selbst wenn ich schwere Touren unternehme habe ich keinen klassischen Plan. Das macht keinen Sinn, denn in den Bergen und im Leben, kommt es grundsätzlich anders als geplant. Was ich beim Bergsteigen gelernt habe ist, sich richtig vorzubereiten und flexibel zu reagieren. Zum Thema Plan fällt mir da spontan ein Brecht Zitat ein:

Ja, mach nur einen Plan
sei nur ein großes Licht
und mach dann noch ’nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.

Ich bin eigentlich Beamter auf Lebenszeit gewesen und habe das Ganze aufgegeben. Beamtentum und ich sind nicht kompatibel. Als meine erste Tochter zur Welt kam, hatte ich die Möglichkeit Stabsstellenleiter in einem großen Landratsamt zu werden. Ich entschied mich zuhause zu bleiben und auszusteigen. Damals sind unsere Chancen auf einen Platz im Kinderhort bei null gewesen. Im Nachhinein muss ich sagen zum Glück. Bei uns in der Familie keine klassische Rollenverteilung. Meine Töchter haben ein unglaublich gutes Vertrauensverhältnis zu ihrer Mutter und zu mir.

Tränen nach dem Abschied im Kindergarten gab es nie, weil meine Kinder wissen: Der Papa kommt wieder. Meine Partnerin ist Ärztin und hat einen harten Job, der ihr viel abverlangt. Sie opfert sich sehr für die Familie auf und hat viele Nachtschichten bei denen sie gefordert ist. Nach wie vor kommen einige Leute damit nicht klar, dass ich zuhause bei den Kindern bin. Was mir um ehrlich zu sein völlig egal ist.

Als Vollzeitpapa kommst Du in diese Mütterzirkel gar nicht hinein. Das bekommen auch meine drei Töchter und meine Partnerin mit. Doch die drei Mädels finden es ganz cool, dass der Papa immer bei ihnen ist. Der Tag gehört bei mir immer der Familie. Außerdem gib es auch genügend im Haus zu tun. Ich stöckle aber nicht wie Freddy Mercury mit dem Staubsauger durch die Wohnung und singe „ I want to break free!“ Wenn die ganze Bande in den Betten ist, dann schreibe ich und gehe meiner Arbeit als Journalist und Autor nach. Ein Vorteil meiner Nachtschichten: Es kommen keine nervigen emails und Anrufe rein. Zum Glück brauche ich schon immer wenig Schlaf.

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9. Und wenn Ihr selbst mal einen Familienurlaub plant, wie sieht der dann aus? Immer Action oder könnt Ihr auch mal am Pool liegen?

Bei der Urlaubsplanung halt ich mich immer dezent zurück. Dazu fehlt mir die Ausdauer. Meine Partnerin findet immer die richtige Mischung für die Familie. Einen Teil der Familie zieht es ans Meer, den anderen in die Berge. Was uns alle verbindet ist eine gewisse Unruhe. Wir sind ein aktive Familie und wechseln nach spätestens einer Woche die Location.

10. Wir testen immer wieder Familienautos. Was ist deine Empfehlung als Fahrzeug für die Großfamilie?

Genial ist der VW Touran, auch wenn dieses Auto ein Design Super-Gau ist. Nur der Multipla von Fiat ist noch weniger gelungen. Der Touran ist einfach praktisch und verfügt über zwei zusätzliche Klappsitze im Kofferraum. Da können auch mal Mannschaftskollegen oder Freundinnen mitfahren. Mit seinen Detaillösungen überzeugt die Familienkutsche und punktet mit seinem durchzugsfreudigen Motor. Bis zu einer Entfernung von 20 Kilometern und innerstädtisch gibt es für mich nur mein Baboo: Ein Lastenfahrrad in dem vier Kinder Platz haben.

Mit dem Gefährt falle ich in Ulm mehr auf, als wenn ich mit einem rosaroten Maserati unterwegs bin. Das Baboo ist einfach so was von genial! Im Gegensatz zu den Fahrradanhängern lassen sich auch Getränkekisten mitnehmen, ohne dass der Boden nachgibt. Parkplatzproblem? Nicht mit mir. Ich stelle das Fahrrad immer direkt vor dem Laden ab.

Vielen lieben Dank für die spannenden, umfangreichen Infos und viel Erfolg bei Deinen Projekten!

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel ist Patchwork-Dad von drei Kindern, die eigene Tochter Mika ist im April 2012 geboren. Der Hamburger ist Online-Publisher und betreibt neben Daddylicious auch das "NOT TOO OLD magazin" inklusive Podcast. Außerdem schreibt er für ein paar Zeitschriften und Magazine und hilft Kunden und Agenturen als Freelance Consultant. Nach dem Job entspannt er beim Laufen oder Golf.

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