Väter, die einen Anspruch auf gleichberechtigte Aufzucht und Hege der lieben Kleinen einfordern sind kein neues Phänomen. Aber dass sie mittlerweile einen Lifestyle prägen – und DADDYlicious leistet ohne Zweifel Pionierarbeit bei der kritischen Sichtung der vielen neuen Angebote für den jungen Vater –, damit war in den Achtzigern nicht zu rechnen.
Damals machten die ersten Männer sich auf, alle Aspekte des Elternseins mit den Müttern zu teilen. Dagegen waren Gesellschaft und Politik sich weitgehend einig, dass eine Familie so auszusehen hatte wie die von Helmut Kohl. Und was die Grünen damals familienpolitisch so diskutierten, darüber würden sie heute wohl lieber schweigen.
In den Kinos und in der Literatur entdeckte man gerade die alleinerziehende Mutter, miterziehende Väter gab es nicht. Wir mussten damals unsere Rolle selbst definieren. Es war klar: So wie unsere Väter – zwischen Abwesenheit und häuslichem Donnerwetter – wollten wir nicht sein. Schließlich haben wir unseren Weg gefunden und sehen mit Genugtuung, dass immer mehr junge Väter sich nicht mehr beiseite drängen lassen, wenn es um die Freude geht, einen kleinen Menschen auf der Reise zu begleiten.
Bleibt zu klären: Was macht man denn nun als alter Vater? Was wenn das Töchterchen nun aus dem Hause ist? Fünfundzwanzig mit Studium und Beruf? Ohne Zweifel in der Lage, eine Partnerwahl zu treffen, ohne den eigenen Vater zu fragen – und überhaupt so selbstständig. Was bleibt zu tun? Und wie tut man es?
Gleich zu Anfang: es ist die pure Freude! Und dennoch hält auch diese Phase des Vaterseins Fallstricke und Fettnäpfchen parat. Zum Beispiel das „besorgte Fragen“. Es ist rühmlich für den jungen Vater, weiß die Heranwachsende doch implizit, dass sie sich mit jedem Problem vertrauensvoll an ihn wenden kann. Völlig absurd und für den Spross nervtötend, wenn das mit 25 immer noch so klingt: Isst du denn genug? Was sind das denn für Leute? Hast du schon jemanden kennengelernt? – Das geht alles gar nicht und nach kurzem Nachdenken stellt der alte Vater fest, dass das die Fragen der eigenen Mutter sind, die ihm schon vor 30 Jahren mächtig aufs Gemüt schlugen.
Also lassen wir das Nachfragen, wappnen wir uns für den Moment, da der Nachwuchs mit eigenen Fragen kommt. Denn wer die Fünfzig hinter sich gelassen hat und glaubt, auch jedes X vom U unterscheiden zu können sieht sich gern als Ratgeber. Und was wenn die Fragen nicht kommen? Gemach, die kommen schon. Manchmal verstecken sie sich in Geschichten und Anekdoten, aber sie werden gestellt. Dann aber, liebe junge Väter, tut sich ein Abgrund auf. Wehe Euch, Ihr antwortet mit einem Rat! Genauso gut könntet ihr euch mit einem Bart auf einer Harley fotografieren lassen oder betrunken an der Bar eine Stern-Reporterin anmachen. Was Männer über 50 halt alles so machen. Schon wenn die Worte „Weißt du, ich habe das damals…“ ausgesprochen sind, verflucht sich der junge Mensch je eine Frage gestellt zu haben.
Lassen wir also locker. Fragende Kinder, zumal fragende Töchter wollen keinen Rat, sie wollen Zuspruch. Und den kriegen sie, so wie früher die Flasche oder die frische Windel. (Wir unterlassen natürlich im Gespräch jeden Hinweis auf diese Zeiten.)
Wir hören also zunächst einmal zu, stellen höchsten ein paar Verständnisfragen. (Es ist schon schwer genug, hat man die 50 erst mal geknackt, den eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis noch namentlich beieinander zu halten, aber die Anna-Lenas von den Annemaries, die Janas von den Janes und die Torbens von den Thorstens zu unterscheiden ist – mit Verlaub – nicht wirklich möglich.) Ist auch nicht wichtig, denn so sehr unterscheiden sich die Konflikte der Mittzwanziger dann doch nicht von unseren vor 25 Jahren.
Und dann gilt es – sensibel wie wir Väter ja sind – die Stimmung einzufangen, in der die Frage gestellt wird. Ist das Kind besorgt? Dann ist eine starke Schulter gefragt. Ist das Kind traurig? Dann wird – und tauchen auch dämonengleich hunderte von klugen Sprüchen im Hinterkopf auf – verdammt nochmal getröstet und ansonsten der Mund gehalten!
Das sind überhaupt die wichtigsten Lektionen, die das Vatersein für das Leben bereithält: Es ist alles halb so wild, wir können nicht jedes Problem lösen, wir wurschteln uns schon durch. Und mit diesen Einsichten finden wir langsam in die Haltung des Alten Vaters: Wir hören zu, wir nehmen in den Arm, wir trösten.
Die Lektion „Alles halb so wild“ teile ich als Mutter eines erwachsenen Sohnes, der viele Jahre bei seinem alleinerziehenden Vater gelebt hat. Beide – Vater und Sohn – haben mir damit vieles ermöglicht und eines gezeigt: Ich bin als Mutter nicht unverzichtbar. Was im ersten Moment vielleicht schmerzlich war, war auf den 2. Blick eine echte Erleichterung! Wir können es beide gleich gut: Das Durchwurschteln.
Danke für diesen schönen Beitrag, Peter. ;)
Deine alte Kollegin
Indre