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RatgeberFamilienlebenBis Patchworkfamilien zusammenwachsen, braucht es seine Zeit

Bis Patchworkfamilien zusammenwachsen, braucht es seine Zeit

Zwei Schritte vor und einen zurück, so beschreibt unsere Gastautorin Anneke Mohn die Entwicklung in Patchworkfamilien. In ihrem neuen Roman „Unter einem Dach“ erzählt die Erfolgsautorin Anneke Mohn einfühlsam und humorvoll von einer modernen Familie. Familie ist bekanntlich nichts für Feiglinge. Patchwork erst recht nicht. Anneke Mohn weiß, wovon sie spricht. Der Vater ihrer Tochter, die heute im Teenie-Alter ist, brachte bereits Kinder in die Beziehung mit. Nach der Trennung von ihm war die Autorin einige Jahre alleinerziehend und ist nun frisch verheiratet mit einem Mann, der selbst keine Kinder hat. Das Familienmodell Patchwork hat Anneke Mohn zu ihrem dritten Roman inspiriert.

In diesem findet sich ein frisch verliebtes Paar unversehens mit den drei Kindern des Mannes aus früheren Beziehungen sowie deren Müttern „Unter einem Dach“, so auch der Titel des Romans. Das Thema ist hochaktuell, denn dem Bericht „Stief- und Patchworkfamilien in Deutschland“ zufolge sind heute je nach Datenquelle 7 bis 13 Prozent der Familien in Deutschland Patchworkfamilien – und der Anteil steigt. Sie hat exklusiv für Euch sieben Tipps für die Herausforderung Patchwork:

Fünf Jahre dauert es durchschnittlich, bis sich getrennte Elternteile, Kinder und neue Partner, die sich in einer Patchworkfamilie zusammenfinden, auch wie eine Familie fühlen. Darin sind sich verschiedene Untersuchungen einig. Es ist genau der Punkt, an dem ich gerade stehe, nachdem ich samt meiner damals siebenjährigen Tochter eine neue Beziehung eingegangen bin – ein ziemliches Wagnis, so kam es mir jedenfalls vor, und hätte man mir zu dem Zeitpunkt gesagt, dass es ein so langwieriger Prozess sein würde, ich hätte vielleicht gekniffen.

Heute bin ich froh, dass ich es nicht getan habe, und hätte ein paar Tipps für mein damaliges Ich. Vor allem diesen: Hab Geduld. Wer eine Patchworkfamilie bildet, hat meist schon eine Geschichte, und es ist eine ohne Happy End. Nicht zuletzt deshalb dauert es, bis die Skepsis überwunden ist und das Vertrauen wächst, bei Kindern wie Erwachsenen.

Nach fast fünf Jahren scheint tatsächlich das Entscheidende geschafft, auch wenn es natürlich eine Entwicklung ist, die andauert. Obwohl sich meine Tochter und mein Mann von Anfang an mochten und offen aufeinander zu gegangen sind, schien es mir unterwegs oft, als folgte auf zwei Schritte vor immer wieder einer zurück. Meist waren es Kleinigkeiten, die bei ihm oder bei ihr (oder bei mir) überwunden geglaubte Zweifel und Unsicherheiten wieder auf den Plan riefen. Trotzdem wurde das Miteinander der beiden, die zunächst nur durch mich verbunden waren, mit der Zeit mutiger und selbstverständlicher.

Patchworkfamilien sind bunt, aber kein Selbstläufer
© Tyler Nix (Unsplash)

Die Zuneigung und das Zusammengehörigkeitsgefühl haben sich vertieft, genau wie meine Überzeugung, dass es für ein Kind keine Zumutung, sondern eine Bereicherung ist, mit mehreren Menschen aufzuwachsen, die unterschiedliche Stärken und Ansichten haben und auf ihre Weise liebhaben und trösten, erziehen oder einfach Freund sind. Und dass es Stabilität, Zuverlässigkeit und Liebe auch in einer anderen Familienkonstellation erfahren kann als Mutter, Vater, Kind. Ein langer Atem lohnt sich. Denn entscheidend ist nicht, ob ein Kind in einer „heilen“ Familie lebt, sondern ob es in einer glücklichen Familie aufwächst, und sei sie ein bisschen zusammengewürfelt.

Wie Patchworkfamilien gelingen

1. Komm mit deiner Situation ins Reine
Trauer um die gescheiterte Beziehung oder Wut auf den Expartner sind normal, wenn nicht sogar notwendig. Aber früher oder später sollte man versuchen, mit seiner Situation ins Reine zu kommen – die Voraussetzung für neues Glück.

2. Nimm dir nicht zu viel vor
Sich Situationen auszusetzen, die man als unerträglich empfindet, hilft letztlich niemandem. Man muss nach einer Trennung nicht mehr zusammen Weihnachten feiern, auch nicht den Kindern zuliebe (die sich vielleicht sowieso fragen, warum Weihnachten geht, was sonst nicht gehen soll). Wenn du deshalb schon Wochen vorher Bauchweh hast: Sag es. Ihr findet bestimmt eine andere Lösung.

3. Du kannst es nicht allen recht machen
Patchworkfamilien sind zu komplex, die Bedürfnisse aller Beteiligten zu unterschiedlich, um allen gerecht werden zu können. Ein Grund mehr, die eigenen Überzeugungen und Wünsche nicht ganz hintenan zu stellen.

4. Sprich mit deiner neuen Partnerin / deinem neuen Partner über das, was dich belastet
Theoretisch klar, praktisch manchmal gar nicht so einfach angesichts einer komplexen emotionalen Gemengelage. Entscheidend für das Gelingen eines Patchwork-Experiments ist aber ein starkes Paar im Zentrum, und das könnt ihr nur sein, wenn ihr euch einander anvertraut.

5. Gönn deinem Expartner sein neues Glück
Macht euch immer klar: Das Wohl der anderen Seite ist in Patchworkfamilien für die Balance und damit auch für das eigene Wohl von größter Wichtigkeit. Man sollte also unbedingt versuchen, dem Ex sein neues Glück zu gönnen.

6. Schick dein schlechtes Gewissen in die Wüste
Die Trennung ist nicht die Wurzel allen Übels, und Trennungskinder sind nicht per se ein Fall für den Psychiater. Die Kinder jetzt aus schlechtem Gewissen zu verwöhnen, ihnen keine Grenzen zu setzen oder sie mit Geschenken zu überhäufen, macht nichts wieder gut, es richtet höchstens größeren Schaden an. Wie gut die Kinder die Trennung langfristig verwinden, hängt davon ab, wie ihr euch jetzt verhaltet. Redet mit eurem Kind, lasst keine Konkurrenz zwischen dem anderen Elternteil und einer neuen Partnerin / einem neuen Partner zu, damit euer Kind ohne Loyalitätskonflikte zu beiden eine gute Beziehung haben kann. Hört eurem Kind zu, auch wenn euch nicht passt, was es sagt, und bagatellisiert seine Gefühle nicht.

7. Geht respektvoll miteinander um
… und das nicht nur vor den Kindern. Egal, wie leicht es einem über die Lippen geht: Schlecht über den anderen Elternteil zu reden ist tabu, denn es trifft die Kinder in ihrem Innersten.

Der Roman „Unter einem Dach“ erscheint im Rowohlt Taschenbuch Verlag, hat 320 Seiten und kostet 9,99 Euro.

Zum Inhalt:

Dana liebt ihren Job an der Uni, das Leben im Hamburger Grindelviertel – und Mattis. Dass ihr neuer Freund drei Kinder aus früheren Beziehungen hat, macht ihr nicht viel aus. Aber das Zusammenleben gestaltet sich komplizierter als gedacht. Als Mattis eine renovierungsbedürftige Villa am Stadtrand kauft und kurz darauf Maren, seine Ex, vorübergehend mit den beiden Kindern bei ihm einzieht, ist von Harmonie keine Spur mehr: Die eine Tochter scheint Papas neue Freundin zu hassen, die andere verbreitet auf Schritt und Tritt Unordnung, und Maren sieht die Trennung von Mattis offenbar nicht als endgültig an. Das Leben wird zur Zerreißprobe: Wo hört das Chaos auf, wo beginnt das Glück?

Unter einem Dach
  • Mohn, Anneke (Autor)

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Anneke Mohn
Anneke Mohn
Anneke Mohn (44) ist in Niedersachsen aufgewachsen, lebt mit ihrer Familie in Hamburg und sammelte selbst einige Erfahrungen in Sachen Patchwork. Sie war in den Lektoraten verschiedener Buchverlage tätig und arbeitet heute als Übersetzerin und Autorin. Nach den Bestsellern Kirschsommer und Apfelrosenzeit ist Unter einem Dach ihr dritter Roman.

1 Kommentar

  1. Aus meiner ersten Ehe habe ich 2 Kinder mit in die neue Beziehung gebracht. Meine Freundin hat ebenfalls 2. Am Anfang war es sehr hart, da sich unsere Kinder (16,11,10 & 5) überhaupt nicht ausstehen konnten. Es hat gut 1,5 Jahre gedauert, bis sie sich akzeptiert und angefreundet hatten. Es war keine schöne Zeit und wir standen kurz davor uns zu trennen. Aber mittlerweile sind alle Kids wie Pech und Schwefel. Das macht es uns als Eltern zwar nicht immer leichter, aber es ist schön zu sehen, dass die vier sich verstehen.

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