Einer der ganz wichtigen Werte, die Eltern ihren Kindern beibringen sollten, ist Toleranz. Es ist egal, wie Menschen aussehen, welche Sprache sie sprechen oder wo sie herkommen. Aktuell scheinen bei uns im Land und auch bei unseren Nachbarn viele Leute sehr unzufrieden zu sein mit der Situation. Migration ist dabei eins der Schlagworte, was offensichtlich für viele ein Thema ist. Dabei vergessen viele aber, wie gut es uns eigentlich geht und wie sehr andere Menschen dafür kämpfen müssen, ein sicheres und sorgenfreies Leben zu führen. Einblicke liefert der Film „Mein Totemtier und ich“, der seit gestern in unseren Kinos angelaufen ist. Wir haben ihn schon gesehen und erzählen euch, was euch erwartet und wer ihn sehen sollte.
Eins gleich vorab: Der Film ist freigegeben für Kinder ab sechs Jahren. Wir empfehlen den Film aber erst für Kinder ab 10 Jahre, denn so niedlich wie der Titel und die Bilder vermuten lassen, geht es gar nicht zu. Die Bilder sind oft düster und die Szenen sind zum Teil bedrohlich. Daher sollten Kinder in der Lage sein, diese Eindrücke zu verarbeiten. Sie müssen noch nicht den kompletten politischen Hintergrund verstehen, sollten sich aber mit dem Thema Migration in der Schule oder über andere Kanäle schon ansatzweise auseinandergesetzt haben.
Die Story von „Mein Totemtier und ich“
Die 11-jährige Ama lebt mit ihrer Familie in den Niederlanden und kann sich auch an kein anderes Land oder eine andere Heimat erinnern. In ihrer Freizeit liebt sie es, im Schwimmbad bahnen zu ziehen. Und darin ist sie so gut, dass sie für die bevorstehenden Meisterschaften trainiert. Stets an ihrer Seite ist ihr gleichaltriger Freund Thijs. Somit führt Ama mit ihrem Bruder und ihren Eltern ein ganz normales Leben in Rotterdam, sie geht zur Schule und ihr Vater geht abends zur Arbeit.
Doch dann wird der Asylantrag der Familie, die ursprünglich aus dem Senegal in die Niederlande ausgewandert ist, abgelehnt. Damit halten sich alle vier Familienmitglieder illegal im Land auf. Noch am gleichen Tag klingelt die Polizei bei der Familie, um sie mitzunehmen und für die Abschiebung vorzubereiten. Allerdings halten sich Ama und auch ihr Vater getrennt voneinander zu diesen Zeitpunkt nicht in der Wohnung auf. Somit werden erstmal nur die Mutter und der kleine Bruder festgesetzt, Ama kann sich verstecken und beobachtet die Verhaftung.
„Du bist nicht allein!“ ist die mutmachende Botschaft des Filmes.
Aus „Mein Totemtier und ich“
Auf der Suche nach ihrem Vater irrt Ama alleine durch Rotterdam und bekommt dabei unerwartete Unterstützung durch ihr persönliches Totemtier. Denn im Senegal wird jedem Menschen ein Tier zugewiesen, das einem Kraft und Mut gibt. Amas Totem ist ein überdimensionales Stachelschwein, das sie von nun an auf Schritt und Tritt begleitet.
Dieses Stachelschwein wurde übrigens nicht animiert und im Nachhinein in den Film reingebastelt, sondern als mechanische Puppe direkt am Set eingebaut. Dadurch wirkt es wirklich lebhaft und präsent, auch wenn es eher ein Begleiter als ein Gesprächspartner für Ama ist.
Unsere Bewertung zum Film
Das Thema dieses prämierten Kinderfilms ist wichtig und relevant. Menschen und insbesondere Kinder sollten sorgenfrei aufwachsen können und dabei auch ein Heimatgefühl entwickeln. Und so fühlen die Zuschauer*innen natürlich mit Ama mit und empfinden es als große Ungerechtigkeit, dass sie mit ihrer Familie in den Senegal zurückgeschickt wird. Auf der anderen Seite gilt der Senegal im Westen Afrikas als stabil und blickt auf eine lange demokratische Historie zurück. Die Lebensumstände lassen sich allerdings im Detail mit Europa kaum vergleichen, denn gut 60 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Viele Menschen im Senegal können nicht lesen und schreiben, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die Frauen werden in vielen Bereichen immer noch benachteiligt und die Mädchen werden oft schon sehr jung verheiratet.
Und trotzdem gibt es in europäischen Ländern geltendes Recht zum berechtigten Aufenthalt. Grundsätzlich finde ich es in Ordnung, dass in diesem Fall auszublenden und die persönliche Geschichte von Ama und ihrem Totemtier zu erzählen. Die drohende Abschiebung schwingt natürlich mit, denn es geht auch um die Aktivitäten von Amas Freund Thijs und dessen Mutter, einer zuständigen Polizistin. Wir werden nicht spoilern und fanden das Ende kindgerecht, wenn auch nicht unbedingt der Realität entsprechend.
Ein kleines Fragezeichen hatten wir noch bei der Antwort auf die Frage, für wen der Film eigentlich gemacht wurde. Denn für die Eltern allein ist er sicherlich etwas zu kindlich und etwas zu wenig politisch, für Kinder ist er gerade durch das Totemtier unterhaltsam und spannend, teilweise jedoch auch bedrohlich und nicht unbedingt aufklärend genug, was die Hintergründe dieser verzwickten Lage angeht. Aber das ist möglicherweise auch nicht der Anspruch. Wir finden es gut, dass „Mein Totemtier und ich“ ein schwieriges Thema für Familien aufbereitet und dabei hilft, die Lage der Betroffenen besser zu verstehen und sich auf der Basis eine bessere Meinung bilden zu können.
Trailer zu „Mein Totemtier und ich“
Für einen ersten Eindruck könnt ihr euch hier den Trailer angucken:
Infos zum Film „Mein Totemtier und ich“
- Titel: Mein Totemtier und ich
- Filmdauer: 97 Minuten
- FSK: Freigegeben ab 6 Jahren
- Produktionsland: Niederlande / Luxemburg / Deutschland
- Produktionsjahr: 2022
- Verleih: farbfilm verleih
- Kinostart: 6. Juni 2024
- Regie: Sander Burger
- Darsteller*innen: Amani-Jean Philippe, Ole van Hoogdalem, Lies Visschedijk, Emmanuel Ohene Boafo, Celine Camera, Liam Romney
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