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Kolumne: Sechserpäckchen – „Jäger des Zufalls“

Donald Trump wird der nächste Präsident der USA. Daran ist nicht mehr zu rütteln, da kann der US-amerikanische Friseur-Dachverband protestieren, wie er will. Was man Trump aber unbedingt zugutehalten muss: Nichts verehrt, ja vergöttert er mehr als die emanzipierte, selbstbewusste Frau von heute. Das wurde ja bereits in seinen vielen Wahlkampfreden oder gelegentlich bekanntgewordenen Spontanhandlungen für deren unveräußerlichen Rechte deutlich. Schon deshalb dürften ihm so genannte Playmates ein ekelerregendes Gräuel sein.

Unsere beiden großen Jungs Leander und Jakob sind da ganz nah bei ihm: Bekommen die versehentlich ein hüllenloses Model auf dem Smartphone angezeigt, sind die total außer sich. Bestimmt war ich in dem Alter auch wahnsinnig empört darüber, völlig unvermittelt weibliche Nacktheit mitansehen zu müssen. Meine Anteilnahme jedenfalls haben sie. Mir zieht`s ja heute noch die Schuhe aus, wenn ich andere Frauen als meine eigene frei von allen textilen Schutzmaßnahmen spontan ins Blickfeld bekomme…

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Lustig finden die beiden das aber schon auch. Kaum werden sie mehr oder weniger frivoler Dinge ansichtig, bricht ein albernes Gelächter aus ihnen heraus, das sehr wahrscheinlich pubertäre Pflichtveranstaltung ist. Zu hören sind ähnlich schräge Heiterkeitsausbrüche auch an manchen Wochenenden, wenn auf Rechner oder Tablet der beiden – logo, nur versehentlich – die Mediathek von RTL2 aufscheint. Dass das Niveau der ausgerechnet dort ausgewählten Videos womöglich unterirdisch ist – geschenkt. Geistig wird unter der Woche genug abverlangt, worauf sich ihre Schule ja schon mal was einbilden kann. Die beiden gehen in denselben weiterführenden Bildungstempel (in diesem Fall ein pittoreskes altes Schloss), sogar richtige Lehrer haben die da. Was heißt, von Montag bis Freitag entfalten überwiegend bildende Inhalte ihren ganzen spröden Charme.

Manchmal stellen die beiden die sogar in persönlichen Gesprächen heraus. Auf einmal zählen dann auch die inneren Werte eines Menschen, für den Weiterbestand unserer Zivilisation eine gute Nachricht. Nur endet die Schulwoche für gewöhnlich an einem jeden Freitag, womit das Häkchen vor der sinnstiftenden Option Bildung vorübergehend verschwindet. Spätestens am Wochenende nämlich öffnet sich das Schülerhirn auch reichlich profanen Dingen. Und dazu gehören nun mal versehentlich ins digitale Dasein gehievte Damen mit wenig oder nix an. Oder TV-Formate, die ganz aus Versehen produziert werden, damit ja niemand auf die Idee kommt, niedere menschliche Instinkte fänden dauerhaften Widerhall im Free-TV. Nicht, dass Leander und Jakob plötzlich ohne jegliche Moral dastünden. Aber die mal kurz abgeben dürfen an der Internet-Garderobe, das sollte die elterliche Toleranz schon hergeben…

Das weltweite Netz hält eine Menge Überraschungen bereit. Für Heranwachsende mag das so manchen Abenteuertrip in der realen Welt ersetzen, und seinen Kopf muss man dafür erst recht nicht hinhalten. Man muss ihn nur halbwegs gerade halten, wenn der mit dem Internet verbundene Rechner auf dem Schreibtisch steht. Und es dabei ungemein aufregend finden, wenn einem (oder beiden) rein zufällig Damen begegnen, die Kleidung mehr so als Wegwerfartikel begreifen. Ich muss zugeben, dass sich auch mein Blick dabei gewissermaßen verengen würde. Reflexartiges Verhalten zeichnet uns Männer ja schon auch aus, und dass muss nicht unbedingt die triumphale Haltung im Angesicht einer endgültig zur Strecke gebrachten Stechmücke sein.

Jungs im Alter von 14 und bald 16 Jahren haben aber ebenso ein Recht auf gewohnheitsmäßige Verhaltensweisen. Dazu gehören zweifelsohne Lachanfälle angesichts aus dem Netz gefischter Objekte heimlicher Sehnsüchte, und sei es nur wegen mangelnder Gelassenheit. Die schon mal entstehen kann, wenn man sich ertappt fühlt, obwohl doch das ganze Leben aus Zufällen besteht. Trump zum Beispiel ist ja auch nur Präsident geworden, weil er zufällig auf bestimmte Themen gesetzt hat…

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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