Volvo. Was macht eigentlich Volvo? Als Youngtimer-Fan liebäugelte man ja schon einmal mit den Raumwundern der 850er Klasse oder verneigte sich vor dem ersten schönen Shooting Brake Volvo P1800 ES, dem legendären Schneewittchen-Sarg. Obwohl sie als „Lehrerautos“ abgestempelt wurden, hatten Volvos immer ihren Reiz. Nun durfte ich endlich mal ans Steuer. Der Volvo V60 D4 Geartronic Summum wartete auf zwei Tage Wintertestfahrt durch das Salzburger Land bis zum Hintersee. Haben wir mit dem Schweden das richtige Familienauto gefunden?
Motor
Mit den neuen Drive E-Motoren hat Volvo seiner Modellfamilie ein neues Herzstück verpasst. Bis zu 30 Prozent sparsamer sollen sie sein. Der Reihenvierzylinder bringt 181 PS auf die Strasse. Verteilt wird die Kraft mit einem ebenfalls neuem Achtgang-Automatikgetriebe. Das maximale Drehmoment liegt bei 400Nm bei 1.750 – 2.500 U/min. V-Max ist mit 225 km/h angegeben, die Endgeschwindigkeit konnten wir aber beim besten Willen auf den engen Bergstraßen nicht testen.
Zurück zum Verbrauch: Laut Hersteller liegt dieser kombiniert (Stadt/Land) bei 4,3 Litern. Nach rund 700 Testkilometern im Volvo V60 D4 in den Bergen war unser Testwagen mit 6,2 Litern etwas durstiger. Das lag sicherlich an der ambitionierten Fahrweise, die sich mit Kind und Kegel garantiert entspannter gestalten lässt. Aber hey, wir reden hier über sechs Liter bei sportlicher Fahrweise. Das ist in Kombination mit den Fahreigenschaften des Volvo V60 ein erstklassiger Wert.
Fahreigenschaften
Die Fahreigenschaften des neuen Volvo V60 D4 sind wirklich überraschend gut. Das Aggregat mit 2,0 Litern Hubraum verfügt über einen zweistufigen Turbolader, der in Kombination mit dem spritzigen Achtgang-Getriebe auf jeden Impuls des Fahrers direkt reagiert. Das gerade bei Diesel-Fahzeugen ungeliebte Turbo-Loch im unteren Drehzahlbereich ist so gut wie gar nicht vorhanden. Der Motor zieht, das Fahrwerk ist von sportlich bis elegant einstellbar, die Lenkung präzise und die ein oder anderen elektronischen Helfer sorgen in Grenzsituationen für ein sicheres Gefühl. Das konnten wir auf einer mit Eis präparierten Teststrecke zur Genüge ausprobieren. Alles in allem hat der knapp 1,8 Tonnen leichte Kombi echte Sportfahrer-Qualitäten bei unschlagbar guten Verbrauchswerten.
Sicherheit
Volvo und das Thema Sicherheit sind seit Menschengedenken eng miteinander verknüpft. Während sich dies in den 70er und 80er Jahren durch die sitzbankähnlichen Stoßstangen zeigte, arbeiten heute mehrere elektronische Systeme im Hintergrund. Serienmäßig ist zum Beispiel der Notbremsassistent mit automatischer Fußgänger- und Fahrradfahrer-Erkennung sowie das preisgekrönte Volvo City Safety System, das bis 50 km/h aktiv ist. Der Notbremsassistent hat bei 700 Testkilometern zweimal Fehlalarm gegeben, was eigentlich nicht weiter schlimm ist. Lieber einmal mehr als einmal zu wenig. Den Spurassistenten im Volvo V60 D4 habe ich jedoch bereits nach 50 Kilometern abgestellt. Jedes mal, wenn eine Mittellinie überfahren wird, reagiert das Lenkrad mit einer Mischung aus Vibration und schwammigem Lenkverhalten.
Auf der engen, kurvigen Landstrassen ist eher störend und auf der Autobahn ist das schwammige Lenkverhalten bei höheren Geschwindigkeiten sehr unangenehm. Was wiederum absolut punktet, ist der Totwinkel-Assistent BLIS (Blind Spot Information System). An beiden Außenspiegeln ist eine Signallampe installiert, die nur dann leuchtet, wenn sich ein Fahrzeug im toten Winkel befindet. Ganz unaufdringlich im Blickfeld des Fahrers. So lob ich mir das, denn eigentlich stehe ich nicht auf das unentwegte Piepen und Surren in Neufahrzeugen.
Der Innenraum
Die Ausstattungslinie Summum lässt im Volvo V60 D4 eigentlich keine Wünsche offen. Natürlich sitzen Fahrer und Beifahrer in Sportsitzen. In diesem Fall mit zweifarbigem Leder. Im Fond gibt es ausreichend Beinfreiheit und Platz für Kindersitze größeren Kalibers (mit Fangkörper). Obwohl wir es nicht direkt testen konnten, sollte beispielsweise die Installation eines cybex ohne die Demontage der Kopfstütze möglich sein.
Wie ihr vielleicht schon wisst, ist uns die Sicht der Kinder aus dem Fenster besonders wichtig, da wir sicher sind, dass Kinder durch den Blick aus dem Fenster längere Strecken besser aushalten können. Hier wird es für den Volvo durch die hochgezogenen Hintertüren eng. Erst ab einem gewissen Alter ist eine problemlose Sicht aus dem Fond möglich. Für uns eine der wenigen Schwachstellen. Den Piloten empfängt der Volvo V60 D4 mit einem durchweg digitalen Cockpit, Sitzheizung und sogar Lenkradheizung. Die digitalen Instrumente sind ganz klar Geschmackssache und bedürfen einer Gewöhnung. Der Lichtschalter liegt hinter Lenkrad und Blinker versteckt und ist dadurch für den Fahrer schwer einsehbar.
Entertainment
Die Mittelkonsole ist aufgeräumt und das Navigationssystem in 3D-Optik sehr ansprechend und einfach zu bedienen. Absolutes Pluspunkt im Volvo V60 D4 ist das Infotainmentsystem Sensus Connect Pro. Endlich Internet im Auto! Die erforderliche Internetverbindung wird über das Mobiletelefon des Fahrers oder über eine integrierte SIM-Karte bereitgestellt. Per Webbrowser kann gesurft werden und verschiedene Applikationen verbessern die Konnektivität des Fahrers unterwegs.
Mit dem Digitalradio TuneIn stehen rund 80.000 Sender zur Verfügung. So konnte ich während der Tour durch Wald und Tal zwischen Chiemsee und Hintersee den Klängen von Ibiza Sonica lauschen. Das Sensus Connect ist vollständig in die Fahrzeugbedienung integriert und lässt sich darüber hinaus per Spracheingabe steuern. Ein weiteres Highlight im Volvo V60 D4 ist die Send-to-Car-Funktion, bei der die Nutzer dem Fahrzeug bereits von zuhause aus Informationen zu nächsten Reiseroute senden können.
Das Design
Das Design ist kompakt sportlich. Die typischen hochgezogenen Heckleuchten orientieren sich an der V70-Baureihe. Die beiden Auspuffrohre sind trotz der breiten Form dezent unter dem Stoßfänger integriert. Das kurze Heck ist im Vergleich gleicher Baureihen der Konkurrenz das vielleicht kürzeste. Dafür ist der Innenraum im Volvo V60 D4 großzügig und die vier oder fünf Insassen haben sowohl ausreichend Bein- wie Kopffreiheit. Vorne macht der Schwede ebenfalls eine sportlich gute Figur. Die Lackierung in Crystal Weiß-Perleffekt schlägt mit Extrakosten von 1.200 Euro ein dickes Loch ins Portemonnaie. Darauf würden wir verzichten.
Fazit zum Volvo V60 D4 (2014)
Den Volvo V60 gibt es in der T3-Version bereits ab 29.750 Euro. In der Ausstattungsvariante D4 Summum kostet der Volvo bereits 41.780 Euro. Unser Testfahrzeug legt noch eine Schippe drauf und schlägt auf dem Taschenrechner mit 60.220 Euro zu buche. Viel mehr geht kann aber dann auch nicht und auf einige Zusatzausstattungen kann durchaus verzichtet werden. Mit über 60.000 Euro spielt der Volvo V60 preislich nicht mehr in der ursprünglichen Liga der 3er-Serie von BMW, der C-Klasse von Mercedes Benz oder dem Audi A4. Für diesem Betrag gäbe es sicherlich „mehr“ Auto in Größe und Leistung. Trotzdem hat der Volvo einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen.
Die Verarbeitung und die Haptik des Volvo V60 D4 sprechen eine gute Sprache. Die Sportlichkeit in Kombination mit dem Spitzen-Spritverbrauch sucht seinesgleichen. Die digitale Gestaltung des Cockpits ist nicht so mein Ding. Aber für alle Entscheider in Sachen Familienmobilität sei das Fahrzeug für eine Probefahrt wärmstens zu empfehlen. Wenn ihr dann schon mal da seid, dann testet auch gleich den Plugin-Hybrid, der mit einer 4WD-Kombination aus Elektro- und Benzinantrieb noch sparsamer und vor allen Dingen noch besser in Sachen Fahrzeugkontrolle ist. Ein echter Geheimtipp, denn der Plugin-Hybrid ist sicherlich zukunftsweisend für kommende automobile Antriebstechnologien.
[…] über 5.000 Mark in einen soliden Gebrauchten investiert. Die Bandbreite reichte von MX-5 über Volvo 850 bis zum Surfer-T3. Weiter gehts in die erste Wohnung mit der Freundin. Je nach deren […]
Ein schön ausgewogener Test. Wenn ich mir die Aufpreisliste bei MB oder Audi ansehe, komme ich bei Vollausstattung auch locker auf den Preis des V60 D4 Summum. Zudem setzt Volvo aber schon bei der Eingangsvariante auf serienmäßiges City Safety etc. Ein Raumwunder ist er nicht, aber ein schnuckeliger Wagen, dem man noch länger hinterherschauen kann und der gegen den Mainstream auf unseren Straßen schwimmt. Das ist natürlich immer etwas schwieriger…