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Plötzlich Zwillinge! Ein Interview mit Dreifach-Daddy Mehmet Aydin

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Um die Jahrtausendwende gehörte Mehmet zu den besten Skatern Europas. Heute schmeißt der geborene Wittener türkischer Herkunft seine eigene Handelsagentur und hat auch sonst ne ganze Menge zu tun. Denn Mehmet ist kürzlich wieder Daddy geworden – und zwar zum zweiten und dritten Mal gleichzeitig! Jep, seine bessere Hälfte und er haben Zwillinge bekommen. Was ein solches aufregendes Ereignis im täglichen Leben so mit sich bringt und welche Emotionen da ins Spiel kommen, hat uns der bunte Ruhrpott-Hund exklusiv für DADDYlicious erzählt. Und bitte..:

Hallo Mehmet, da habt ihr ja tatsächlich jetzt zwei richtig zarte Wesen am Start…

Brutal, wie klein die sind! Man hat das schon wieder vergessen, wie winzig die Kids am Anfang sind! Unsere Älteste wird bald 4, unglaublich wie schnell das geht. Faszinierend. Is schön, macht Spaß!

Wie waren denn eure ersten Reaktionen? Ich denke mal, ein zweites Kind war schon noch geplant, aber…

Eigentlich wollten wir schon immer drei Kinder, aber nicht unbedingt so (lacht). Allerdings hatte ich tatsächlich schon so eine komische Vorahnung und den Frauenarzt beim ersten Termin einfach mal gefragt. Der Doc hat mich nur belächelnd angeguckt und meinte, dass man dann auch zwei Herzschläge hören würde. Naja, den Rest kennste… Als meine Frau mich anrief und mir sagte, wir bekämen Zwillinge, wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Zunächst war es die totale Freude, „supergeil, Familienplanung fertig!“

Und dann fängt’s noch mal an zu rasseln: Passen unsere Räumlichkeiten? Wie machst Du das mit den Autos? Und dann ganz abgesehen von den materiellen Dingen: Wie bekommen wir das alles zeitlich geregelt? Und wie wird meine Frau das mitmachen? Denn sie ist es ja schließlich, die den Doppelpack „mal eben noch“ gebären soll. Einen Tag lang hatte ich zeitweise schon ein mulmiges Gefühl, das will ich nicht abstreiten. Aber letztendlich überwiegt die Freude natürlich, ganz klar!

Und was für Prachtexemplare sind da jetzt bei rausgekommen?

Zwei Jungs, eineiig. Das ist natürlich auch irgendwie schön, wenn man schon ein Mädchen hat.

Mehment Aydin hat die Zwillinge im Arm, daneben Frau und Tochter
„Full House“ unterm Aydin-Dach

Und wie verlief die Geburt?

Das war der Wahnsinn! Zunächst wollten die Ärzte einen Kaiserschnitt machen, heutzutage scheint das fast schon Usus zu sein. Übrigens kam meine Tochter auch per Kaiserschnitt, weil sie wie Buddha im Bauch saß, also mit den Füßen nach unten, da gab’s dann leider keine andere Option. Diesmal aber hat es natürlich geklappt. Normalerweise sind ja bei einer Geburt lediglich ein, zwei Hebammen direkt im Kreißsaal dabei. Bei uns waren dann plötzlich der Oberarzt, ein Assistenzarzt, zwei Kinderärzte und zwei Hebammen am Start!

Und wenn dann einer von denen auch nur mal kurz mit dem Auge zuckt, wirst Du direkt nervös. Aber meine Frau hat das alles spitzenmäßig gemeistert! Naja, jedenfalls war es faszinierend, wie meine Frau da innerhalb von 15 Minuten tatsächlich diese beiden Jungs auf die Welt gebracht hat! Wer so etwas selber erleben durfte, weiß, dass das eigentlich nicht in Worte zu fassen ist. Einfach nur krass, sehr beeindruckend!

Eine Zwillingsschwangerschaft ist aber auch nicht ganz ohne…?!

Ey, die haben uns alle wahnsinnig gemacht! Eine Zwillingsschwangerschaft gilt ja als Risikoschwangerschaft, entsprechend mussten wir alle zwei Wochen zum Pränataldiagnostiker, dann wieder zum Gynäkologen, die Hebamme war zwischendurch auch immer wieder da, dann hier hin, da hin, usw. – und jeder hat irgendwas anderes zu melden. Und kurz vor dem großen Finale ging´s dann auch noch im Dreitagestakt ins Krankenhaus.

Eieieiei, da war echt was los! Was eine Zwillingsschwangerschaft und in der Konsequenz die Geburt, laienhaft gesagt, in jedem Fall risikoreicher macht, ist, dass ein Kind dem anderen immer etwas „Energie“ nehmen kann. Und dann müssen natürlich stets beide beobachtet werden, beispielsweise was den korrekten Fruchtwasserspiegel angeht, usw.

Mit fortschreitender Schwangerschaft kann man ja bekanntlich auch immer mal die Füßchen und Hände der Ungeborenen durch die Bauchdecke strampeln und trommeln sehen. Da war bei Euch bestimmt besonders viel los, oder?

Als hätte meine Frau ein Alien im Bauch gehabt! Überall kleine Hände, echt abstrakt. Zumal meine Frau auch nicht sonderlich zugenommen hatte, aber eben trotzdem dieses riesige Fass vor sich hergetragen hat. Das war noch mal 50% mehr Bauch, als bei unserer Kleinen. Die letzten Tage vor der Geburt dachte ich, die platzt mir gleich!

Mit der Zwillingsschwangerschaft hatte Deine Frau im wahrsten Sinne schwerer zu tragen gehabt?

Definitiv, das war natürlich alles noch mal viel anstrengender, sie hatte schon sehr viel heftiger zu kämpfen. Bei unserer Tochter war sie auch sehr lange noch sehr fit und agil, ist bis drei Wochen vor der Geburt noch Auto und Fahrrad gefahren. Und diesmal ging zwei, drei Monate vorher fast gar nichts mehr.

Sind die Kiddies, wenn sie dann rauskommen, im Schnitt eigentlich kleiner, als bei einer regulären Geburt?

Ja. Meine Tochter wog 3.215 Gramm und die Zwillinge 2.850 bzw. 2.600 Gramm. Das sind immerhin zwischen 400 bzw. 600 Gramm weniger. Und längentechnisch natürlich auch. Klar, die müssen sich ja eben diesen einen Bauch teilen, und wenn Du da nachher beinahe sieben Kilo drin rumschleppen müsstest…

Und konntet ihr die beiden, abgesehen von den typischen Armbändchen, denn von Anfang an auseinander halten?

Das war zunächst schon schwierig, aber aufgrund der jeweiligen Blessuren durch die Geburt war´s dann doch recht schnell einfach.

Blessuren?

Nein, Blessuren ist nicht der korrekte Ausdruck. Aber der Jüngere war komplett rot, und der andere käseweiß. Der Ältere der beiden war während der Geburt auch eher der Gestresstere was die Herzfrequenz angeht, während der zweite Sohnemann ganz mellow unterwegs war. Ich sag´s mal so: Meine Frau und ich konnten die beiden unterscheiden, unsere Eltern und Familienmitglieder verwechseln die beiden noch oft. Wobei sich das unterschiedliche Gewicht der beiden noch heute hält. Der eine sieht aus wie Karlsson vom Dach und der andere is so ein kleiner, schlanker Vogel (lacht).

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Cover-Bild des Monster Skateboard Magazines, 1999 – „Ollie übers Handrail“

Wie alt sind die beiden jetzt?

Mittlerweile sieben Wochen. Tja, scheißen, schreien, schlafen, ne?! (lacht) Oder besser: tagsüber pennen die beiden, nachts sind sie sehr aktiv – und beide nonstop an der Brust. Meine Frau hat schon längst eine Goldmedaille verdient! Mal gucken, wie lange die das mit macht, denn die Kleine wurde bis zu ihrem zweiten Geburtstag immerhin noch abends zum Schlafen gestillt…

Natürlich haben die beiden auch die Pupserei. Dann schreit und quält sich einer der beiden eine Viertelstunde rum, dann knattert´s einmal, und peng: Eingeschlafen! Naja, und dann fängt der andere an… (lacht). Das geht meiner Frau natürlich an die Substanz. Zumal auch Dinge wie eine paar schnelle Besorgungen derzeit echte Raketenphysik darstellen. Das spielt sich momentan zwar immer besser ein. Aber „mal eben kurz los“ is halt nicht.

Und wie macht Eure Älteste den ganzen Trouble mit?

Sie bekommt natürlich jetzt von Null auf Hundert die doppelte Geschwister-Klatsche ab (lacht). Wir haben sie gut darauf vorbereitet und sie war auch während der Schwangerschaft immer total niedlich, hat meiner Frau den Bauch geküsst, usw. Und auch jetzt, wo die beiden da sind, geht sie sehr lieb mit den beiden um, gibt ihnen Gute-Nacht-Küsschen, umarmt sie zwischendurch, „spielt“ mit ihnen. Aber uns gegenüber ist sie momentan manchmal etwas schwierig. Dabei kann ich noch nicht mal genau sagen, ob´s mit den beiden Jungs zu tun hat. Aber sie streitet sich oft mit uns, trägt kleine Machtkämpfe aus, etc. Letztlich aber auch irgendwo verständlich, schließlich hat sie gleich zwei Geschwisterchen bekommen.

Kürzlich sind wir auch noch umgezogen und ich glaube, dass sie derzeit auch einfach eine dezente Reizüberflutung hat. Alle Bekannten und Verwandten sind bzw. waren in letzter Zeit ständig bei uns und haben unzählige Geschenke mitgebracht, und eben nicht nur für die beiden Jungs, sondern natürlich auch für die große Schwester. Aber wehe es kommt mal jemand vorbei und bringt nichts mit… (lacht) Ja, die Kleine ist im Moment ziemlich verwöhnt. Vor allen Dingen ist der meiste Krempel, den sie geschenkt bekommt, spätestens nach einer Woche nicht mehr interessant.

Hattest Du explizit einen Wunsch, was das Geschlecht des zweiten – und dann unverhofft auch dritten – Kindes angeht?

Dadurch, dass wir ja bereits eine Tochter haben, war die Neugier auf einen Jungen natürlich schon groß. Wobei ich anfangs fest davon überzeugt war, dass es wieder ein bzw. zwei Mädchen werden. Ich konnte mir auch gar nicht wirklich vorstellen, wie sich das mit Jungs anfühlen soll. Man ist ja voll in diesem Papa-Tochter-Film verhaftet, was ja auch sehr geil ist. Der erste krasse Schocker war, dass einer der beiden mich im Krankenhaus beim Windeln wechseln direkt erst mal angepinkelt hat (lacht). Dann läuft´s da auf einmal im hohen Bogen… (lacht). Es ist dann eben, was das Geschlecht betrifft, wieder etwas ganz Neues und entsprechend Spannendes. Also, alles super!

Habt ihr im Vorfeld einen speziellen Vorbereitungskurs wahrgenommen oder Ähnliches?

Nein, haben wir nicht. Bei der Ältesten haben wir das seinerzeit gemacht, und wir mussten uns schon in der zweiten Woche wirklich dahin quälen. Da kommen zwar schon einige wichtige Infos bei rüber, aber in Summe macht mich das eigentlich nur verrückt. Die Hälfte dessen, was da erzählt wird, reicht völlig. Und Bekanntschaften muss ich da auch nicht machen. Ich verstehe das und find´s auch toll, dass es so etwas gibt. Aber wir als Familie plus Freundeskreis sind da schon so aufgestellt, dass wir das als nicht zwingend notwendig erachteten.

Mal ehrlich, welche Frau hat, wenn´s losgeht, noch die Worte im Ohr, dass man genau dann und dann dreimal pressen muss? Das sagt dir die Hebamme vor Ort sowieso noch mal alles. Ein Infogespräch vorab ist voll okay und sinnvoll. Aber mehr muss auch nicht sein, denke ich. Am Ende dissen die Hebammen eh die ganze Zeit nur die Ärzte. Den Talk will ich gar nicht hören (lacht).

Und speziell vernetzt mit anderen Zwillingseltern seid ihr auch nicht?

Nee nee, finde ich auch Quatsch! Meine Frau tauscht sich mit ihren Freundinnen aus, die auch alle Kinder haben. Das reicht. Am Ende bedeutet Zwillinge haben auch keine Raketenphysik bzw. haben die meisten „nur“ Zwillinge, wir aber noch eine dritte Prinzessin mit im Bunde. Dann ist der vergleichende Austausch eh irgendwie hinfällig. Der Tag ist als Familie halt extrem durch getaktet. Meine Frau und ich haben einen gemeinsamen digitalen Kalender und wenn man sich gut organisiert, ist das mehr als die halbe Miete – und mit viel weniger Schlaf klarkommen muss man natürlich auch… (lacht).

Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass wir es erheblich schwerer hätten, wenn uns unsere Eltern, die Oma, Tanten und Schwestern meiner Frau nicht hin und wieder unter die Arme greifen würden. Wenn dir jemand mal beim Kochen hilft, oder den Rasen mäht, ist man schon sehr dankbar! Ohne diese Hilfe müssten wir wohl entweder beide für die nächste Zeit zu Hause bleiben, oder eine Haushälterin einstellen. Ansonsten wäre das nicht zu meistern. Aber das bekommen wir über unsere Familien (What´sApp)-Gruppe ziemlich gut geregelt und das ist auch eben der Vorteil, wenn quasi die gesamte Familie meiner Frau in derselben Stadt wohnt.

Apropos. Wie waren denn die ersten Reaktionen, als klar war, dass ihr Zwillinge bekommt?

„Waaahnsinn, super!“ (lacht) Natürlich waren alle total baff und gleichzeitig fasziniert. Im Endeffekt war es die pure Freude mit einem Schuss Mitleid… (lacht) Und dann immer der Standardspruch: „Haben andere auch schon geschafft.“ Ich weiß heut noch nicht, was genau die Leute damit sagen wollen.

Gibt es für Familien mit Zwillingen seitens des Staates, Versicherungen oder anderer Institutionen irgendwelche Förderungen oder Vergünstigungen?

Natürlich gibt es Kindergeld und bis vor einigen Jahren gab es sogar doppeltes Elterngeld. Aber das wurde 2015 leider ohnehin abgeschafft. Die Gründe dafür kann ich Dir nicht sagen, aber ich finde es nicht okay. Kriegt man zwei Kinder auf einmal, soll das finanziell weniger relevant sein, als zwei Kinder, die beispielsweise kurz hintereinander kommen? Das kann ich nicht nachvollziehen. Ansonsten nicht, dass ich wüsste. Keine Windel-Dauerkarten usw.

Ihr seid kürzlich in ein größeres Haus mit Garten umgezogen, sagtest Du. Was gönnt sich Papa denn zuerst? Einen dicken Grill oder eine Miniramp?

(lacht) Eine Miniramp würde zwar locker reinpassen, aber ich skate ja nicht mehr…

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… und einer der stylishsten Skater war er auch – „Backside Tailslide“

… gar nicht mehr?!

… Nee, ich hatte mir ja vor fünf Jahren noch mal den Oberschenkel gebrochen und damit dann auch vier Monate richtig zu kämpfen inkl. Reha usw. Daraufhin hab ich mir gesagt, dass es jetzt mal gut sein soll. Klar, ich will mir noch mal wieder ein Board holen und ein bisschen durch die Gegend rollen, ein paar Ollies den Bürgerstein hoch machen, aber mehr nicht.

Wahrscheinlich breche ich mir dabei auch noch den Arm… (lacht) Nein, der Garten ist komplett für die Kids. Wir haben eine Schaukel, eine Sandkiste, einen kleinen Teich mit Fischen. Mit Zaun drum, is klar! (lacht) Aber ein Grill steht auch schon da, sponsored by Schwiegerpapa – und hin und wieder auch ne Kiste Bier, wenn die Sonne mal scheint (lacht)

Apropos Sonne. Habt Ihr schon einen Urlaub geplant?

Ja, wir fliegen wohl Ende September in die Türkei.

Hast Du gewählt?

Nee, ich bin ja Deutscher, hab die türkische Staatsbürgerschaft vor einigen Jahren abgegeben. Aber ich habe da unten noch Familie – Cousins, Tanten usw., und die wollen wir gerne im Spätsommer besuchen. Meine Schwiegereltern besitzen dort außerdem am Arsch der Welt ein kleines Familienhäuschen und dort werden wir wohl hinfahren. Oder meine Frau kriegt bis dahin die Vollkrise und es wird spießiger All-In-Cluburlaub (lacht).

Dann wünschen wir Dir und Deiner Rasselbande einen schönen Sommer! Mehmet, herzlichen Dank für das Interview!

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