Windeln wechseln, Fläschchen zubereiten und den eigenen Tagesablauf auf das Kind anzupassen, sind für Markus Werner Selbstverständlichkeiten, seit er seine Tochter Mia in Elternzeit betreut. Dank des Bundeselterngeldes konnte Markus vorübergehend seine Arbeitszeit reduzieren, kümmert sich um den Nachwuchs und erntet dafür allseits Anerkennung. Er gehört zu der seit Jahren wachsenden Zahl junger Väter, die sich – zumindest temporär – um Babypflege statt Karriere kümmern.
Die letzte Auswertung des statistischen Bundesamtes scheint zu belegen, dass die Elternzeit zu einem neuen Verständnis von partnerschaftlicher Erziehung und gleichberechtigter Erwerbstätigkeit führt. Denn seit die Familienauszeit mit einer lukrativen Lohnersatzleistung honoriert wird. Immerhin ein Viertel der Väter pausiert nach den letzten Zahlen sogar länger als zwei (Standard-)Monate.
Es handelt sich daher keineswegs um reine “Mitnahmeeffekte”, wie Kritiker behaupten, sondern um einen grundlegenden kulturellen Wandel. Denn die Elternzeit für Väter ist heute mitten in der Gesellschaft angekommen und längst keine Randerscheinung mehr. Was bleibt ist die Frage nach der Dauer. Warum sind es in den meisten Fällen nur zwei Monate? Warum nehmen nicht mehr Väter vier, fünf oder gleichberechtigte sieben Monate Elternzeit? Fehlt ihnen die Lust dazu? Ist ihre Freude für das Kind vom Chef blockiert? Oder liegt es gar an den Frauen, die zu Hause keine Verantwortung abgeben wollen? Fragen, auf die das Berliner Forschungsinstitut SowiTra mit einer von der Hans Böckler Stiftung geförderten Online-Befragung junger Familien schon 2013 interessante Antworten gefunden hat.
So hängt es im beruflichen Umfeld insbesondere von den direkten Vorgesetzten und dem Klima im Betrieb ab, ob der frisch gebackene Vater sich mehr Zeit für sein Kind nimmt. Fehlen familienpolitische Leitbilder und Vorgaben, fühlen sich Väter oft nicht unterstützt. Da schreckt schon mal das Stirnrunzeln des Chefs ab und der Karriereknick wird befürchtet. Zwar darf rein rechtlich niemandem gekündigt werden, weil er Elternzeit nimmt. Dennoch fürchten viele Väter, dass sie im Zweifelsfall für eine weitere Entwicklung nicht mehr berücksichtigt werden.
Der Fachkräftemangel, der in einigen Berufsfeldern bereits spürbar ist, lässt so manchen Personalchef umdenken. Aufmerksame Chefs haben schon heute verstanden: Auch Männer suchen ein berufliches Umfeld, das Freiraum bietet für private Interessen und Verpflichtungen. „Umso wichtiger ist es, familienpolitische Maßnahmen durch Personalmanagement und Arbeitsorganisation auf betrieblicher Ebene zu ermöglichen“, rät Petra Timm vom Personaldienstleister Randstad. Die Expertin fordert daher auch für Väter planbare Arbeitsmodelle für die Familienorganisation mit flexiblen Arbeitszeiten, Teilzeitmöglichkeiten sowie kurzfristiger Freistellung.
Viel entscheidender, ob und wie lange Väter eine Auszeit für die Kinderbetreuung nehmen, ist meist jedoch die Partnerin. Sind beide qualifiziert und ist der Verdienstunterschied nicht signifikant, besteht wirtschaftlich gesehen kein Grund, warum nicht auch der Mann in Elternzeit geht. Davon profitiert die Mutter, kann sie doch nach ihrer geburtsbedingten Abwesenheit schnell wieder auf den neuesten Stand gebracht werden und an ihre berufliche Stellung vor der Schwangerschaft anknüpfen. Währenddessen hält der Partner ihr den Rücken frei.
Jetzt aber endlich zu denen, um die es doch bei der Elternzeit geht: den Kindern. Knapp 54% der Väter, die zwei Monate zu Hause bleiben, stellen fest, dass sich durch die Elternzeit eine intensive Beziehung zum Kind entwickelt hat, die danach weiter fortbesteht. Bei den Männern, die länger als drei Monate zu Hause bleiben, steigt der Anteil auf über 71% – die Nähe zum Kind wird damit zu einem der wichtigsten Faktoren für die bewusste Entscheidung zur längeren Elternzeit.
„Das enge Verhältnis zu den Kindern ist viel wert. Davon werden auch Arbeitgeber profitieren, weil sie Mitarbeiter bekommen, die gelassener, stressresistenter und emotional ausgeglichener agieren. Dieser Mehrwert ist für das Unternehmen unbezahlbar“, fasst Petra Timm zusammen.
Bildquelle: Randstad