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Das tägliche Elterntaxi: Warum Sicherheit nicht der wahre Grund ist

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Jeden Morgen dasselbe Bild vor deutschen Grundschulen: Autos reihen sich aneinander, Väter und Mütter steigen hastig aus, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Was auf den ersten Blick nach elterlicher Fürsorge aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als komplexes Problem, das auch viele Väter beschäftigt. Eine aktuelle Umfrage der ADAC Stiftung bringt spannende Ergebnisse ans Licht: 58 Prozent der Eltern lehnen das Elterntaxi grundsätzlich ab, dennoch wird jedes fünfte Kind täglich zur Schule gefahren.

Diese Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten zeigt, wie sehr Eltern – und insbesondere auch Väter – in einem Dilemma gefangen sind. Denn während sie einerseits die Problematik des Elterntaxis erkennen, sehen sie sich andererseits oft zu diesem Verhalten gedrängt.

Die harten Fakten zum Elterntaxi

Die Zahlen der Studie „Sicherer Schulweg“ der ADAC Stiftung sprechen eine deutliche Sprache: 19 Prozent der Grundschüler werden täglich gefahren, weitere 9 Prozent an mindestens jedem zweiten Tag. Für viele Familien ist das Auto damit das wichtigste Verkehrsmittel für den Schulweg geworden, noch vor dem traditionellen Zu-Fuß-Gehen.

Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass 56 Prozent aller Eltern der Auffassung sind, Elterntaxis beschwören gefährliche Verkehrssituationen herauf. Diese Einschätzung teilen sogar 35 Prozent derjenigen Eltern, die ihre Kinder täglich fahren. Es ist also nicht so, dass Eltern die Problematik nicht erkennen würden, sie handeln trotz besseren Wissens.

Väter im Elterntaxi-Stress: Die wahren Gründe

Entgegen der weit verbreiteten Annahme, Sicherheitsbedenken seien der Hauptgrund für das Elterntaxi, zeigt die Studie ein anderes Bild. Mangelnde Verkehrssicherheit ist mit 12 Prozent lediglich siebtmeistgenannte Antwort, gleichauf mit Bequemlichkeit. Stattdessen dominieren organisatorische Gründe den Alltag berufstätiger Väter:

Termine nach der Schule (40 %), schlechtes Wetter (32 %), Schule liegt auf dem Arbeitsweg (30 %) sowie Zeitersparnis (22 %) sind die meistgenannten Gründe. Diese Zahlen spiegeln die Realität vieler Väter wider, die zwischen beruflichen Verpflichtungen und elterlichen Aufgaben jonglieren müssen.

Für berufstätige Väter wird das Elterntaxi oft zur pragmatischen Lösung in einem durchgetakteten Alltag. Wenn die Schule ohnehin auf dem Weg zur Arbeit liegt oder direkt im Anschluss Arzttermine oder Vereinsaktivitäten anstehen, erscheint das Auto als logische Wahl. Diese organisatorischen Zwänge erklären auch, warum 22 Prozent der Eltern, die ihre Kinder täglich fahren, angeben, in jedem Fall daran festhalten zu wollen.

Wenn Väter Teil des Verkehrsproblems werden

Die Ironie des Elterntaxis liegt auf der Hand: Aus dem Wunsch heraus, die eigenen Kinder zu schützen, schaffen Eltern oft erst die Gefahrensituationen, vor denen sie ihre Kinder bewahren möchten. Mehr als die Hälfte aller Eltern findet, es befänden sich vor Unterrichtsbeginn und nach Unterrichtsende zu viele Autos vor der Schule.

Vor vielen Grundschulen herrscht morgens und mittags ein regelrechtes Verkehrschaos. Parkende Autos blockieren Gehwege, Wendemanöver in zweiter Reihe behindern andere Verkehrsteilnehmer, und hektisch ausladende Kinder übersehen andere Fußgänger. Väter, die eigentlich das Beste für ihr Kind wollen, tragen ungewollt zu diesem Problem bei.

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Lösungsansätze für verantwortungsvolle Väter

Die Erkenntnis, dass das Elterntaxi problematisch ist, bedeutet nicht automatisch, dass Väter ihre Kinder dem Verkehr schutzlos ausliefern müssen. Experten der ADAC Stiftung betonen: „Kinder lernen den Straßenverkehr nicht im Rücksitz. Wer ihnen zutraut, den Schulweg selbstständig zu bewältigen, stärkt ihre Sicherheit, ihre Eigenständigkeit und letztlich auch das Miteinander im Verkehr„, erklärt Christina Tillmann, Vorständin der ADAC Stiftung.

Ein schrittweises Vorgehen kann dabei helfen: Zunächst können Väter den Schulweg gemeinsam mit ihren Kindern zu Fuß erkunden, Gefahrenstellen identifizieren und Verhaltensregeln einüben. Später können sie ihre Kinder ein Stück entfernt von der Schule absetzen, sodass der letzte Wegabschnitt selbstständig zurückgelegt wird.

Pragmatische Alternativen für den Familienalltag

Für Väter, die aufgrund ihrer beruflichen Situation nicht vollständig auf das Auto verzichten können, gibt es durchaus praktikable Alternativen. Als Maßnahmen, die am ehesten geeignet wären, das Kind ohne Auto zur Schule kommen zu lassen, befürworten die Befragten bessere Infrastruktur des Schulwegs (21 %), häufigere Schulbusse (19 %) und geringeren Zeitaufwand für den Schulweg (16 %).

Konkret können Väter folgende Strategien entwickeln: Die Bildung von Laufgemeinschaften mit Nachbarkindern reduziert den Betreuungsaufwand und macht den Schulweg für Kinder attraktiver. Die Nutzung von Bring- und Abhol-Zonen, die 54 Prozent der befragten Eltern begrüßen, kann das Verkehrschaos vor der Schule entschärfen. Diese ausgewiesenen Bereiche befinden sich im näheren Umfeld der Schule, von wo die Kinder den verbleibenden Schulweg zu Fuß zurücklegen können.

Die positiven Effekte des selbstständigen Schulwegs

Väter, die ihren Kindern den selbstständigen Schulweg zutrauen, investieren in deren Zukunft. Die ADAC-Experten weisen darauf hin, dass es positive Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit im Unterricht, die körperliche Fitness und das Sozialverhalten der Kinder hat, wenn sie den Weg gemeinsam mit anderen Schülern zurücklegen.

Der selbstständige Schulweg stärkt das Selbstvertrauen der Kinder und ihre Verkehrskompetenz. Sie lernen, Situationen richtig einzuschätzen, entwickeln Routine im Umgang mit dem Straßenverkehr und gewinnen an Selbstständigkeit – Fähigkeiten, die ihnen ein Leben lang zugutekommen.

Moderne Herausforderungen: Das Smartphone im Straßenverkehr

Eine neue Herausforderung für Väter stellt das Smartphone dar. 13 Prozent der Eltern sorgen sich, dass ihr Kind durch das Smartphone im Straßenverkehr abgelenkt werden könnte, obwohl mehr als doppelt so viele berichten, dass genau das schon passiert ist. Bei den 12- bis 15-Jährigen haben 88 Prozent immer ein Smartphone dabei, 44 Prozent nutzen auf dem Schulweg regelmäßig Kopfhörer.

Hier sind klare Regeln gefragt: Smartphones sollten auf dem Schulweg weggepackt bleiben, Kopfhörer sind im Straßenverkehr tabu. Väter können hier als Vorbilder fungieren und zeigen, dass auch sie beim Autofahren das Handy nicht nutzen.

Sicherheit als gemeinsame Verantwortung

Letztendlich zeigt die ADAC-Studie, dass bundesweit der Schulweg den meisten Eltern als sicher oder sogar sehr sicher gilt (57 %). Durchschnittlich erhält die Schulwegsicherheit die Note 2,5. Das Problem liegt also weniger in objektiv unsicheren Schulwegen als vielmehr in der Organisation des Familienalltags.

Als größte Gefahr betrachten Eltern Unachtsamkeit oder zu schnelles Fahren anderer Verkehrsteilnehmer (46 %). Hier können Väter aktiv werden: durch rücksichtsvolles Verhalten im Straßenverkehr, die Einhaltung von Tempolimits in Schulnähe und erhöhte Aufmerksamkeit in den Stoßzeiten des Schulverkehrs.

Fazit: Bewusstes Handeln statt automatischer Routine

Das Elterntaxi-Phänomen zeigt exemplarisch, wie sich gesellschaftliche Probleme aus individuellen Entscheidungen entwickeln. Väter stehen dabei in einer besonderen Verantwortung: Sie können durch bewusste Entscheidungen nicht nur zur Verkehrssicherheit beitragen, sondern auch die Entwicklung ihrer Kinder positiv beeinflussen.

Der Verzicht auf das Elterntaxi erfordert oft organisatorische Umstellungen und manchmal auch Kompromisse. Doch die langfristigen Vorteile – für die Kinder, für die Verkehrssicherheit und letztendlich für die ganze Familie – überwiegen deutlich. Väter, die ihren Kindern den selbstständigen Schulweg zutrauen, schenken ihnen nicht nur Vertrauen, sondern auch die Chance, zu verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmern heranzuwachsen.

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