Unser heutiger Gast ist Vater von drei Töchtern, die er seit über zehn Jahren vegan bekocht. Auslöser war ein Film. Udo Taubitz, früher Journalist, heute als Schreib-Coach unterwegs, hat mittlerweile vier Kinderbücher geschrieben, in denen es um Mut, Empathie und alle möglichen Verrücktheiten geht. Die findet ihr hier auf seiner Website. Mit „Dunkeldeutschland“ erschien auch gerade ein Roman für Erwachsene aus seiner Feder. Hier stellen wir euch Udo Taubitz und insbesondere sein Werk „Karl Klops“ etwas genauer vor.
Hier sind die 11 Antworten von UDO TAUBITZ:
- Du bist 52 Jahre, Journalist, Autor und Schreibtrainer, du hast drei Kinder und wohnst im Norden. Erzähl uns, was wir noch über dich wissen müssen.
Ich bin tief im Osten aufgewachsen, im Spreewald, in einem Plattenbau, ohne Vater, ohne Perspektiven. 1989 hab ich über Ungarn „rübergemacht“, das war wie eine zweite Geburt. Vor ein paar Jahren erfuhr ich, dass ich noch eine Schwester habe, meine Mutter hatte sie direkt nach der Geburt zur Adoption freigegeben. Das und meine Kindheit in der DDR hab ich gerade in einem Roman verarbeitet, „Dunkeldeutschland“. Es war ein Kraftakt, über so persönliche Sachen zu schreiben.
- Du bist bei euch zuhause der Koch, deine Familie ernährt sich vegan. Wie ist es dazu gekommen?
Meine Frau hatte den Film Earthlings gesehen – und verkündete, dass sie ab sofort vegan leben will. Von einem Tag auf den anderen. Und weil ich bei uns koche, dachte ich mir: „Hab‘ ich Lust, zwei Essen zu machen? Nee, hab ich nicht.“ Also zog ich mir vegane Rezepte aus dem Netz – es schmeckte und ich fühlte mich auch besser damit, leichter. Dann las ich noch das Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer – und mir war klar: Vegan ist die Lösung vieler Probleme.
- Bis vor ein paar Jahren hatten Vegetarier und Veganer einen schweren Stand in der Gesellschaft. Wie sieht die Akzeptanz heute aus?
Es ist viel leichter geworden. Zwar fühlen sich manche immer noch provoziert und bringen doofe Sprüche, aber insgesamt erlebe ich jetzt eher Neugier. Es hat sich rumgesprochen, dass Pflanzenkost sehr gesund ist, umweltfreundlicher, tierfreundlicher – und auch sehr lecker, wenn man nicht einfach nur das Fleisch weglässt, sondern mit Neuem herumexperimentiert.
- Was ist das Lieblingsgericht bei euch, wo kauft ihr ein und wo findet ihr Rezepte?
Das eine Lieblingsgericht gibt es leider nicht. Wenn‘s nach unseren drei Mädels ginge, würde es jeden Tag Pommes geben oder Kartoffelbrei mit Tofuwürstchen und Rotkohl. Ich liebe Thai-Curry. Und meine Nudelsoße aus roten Linsen, Rotwein und Zimt. Mein Lieblingskochbuch: „Vegan genial in 15 Minuten“ von Josita Hartanto, eine Plantbased-Zauberin aus Berlin. Einkaufen gehe ich ganz normal im Supermarkt, im Bioladen und auf dem Wochenmarkt. Vegane Fertiggerichte und Sojajoghurt gibt es mittlerweile sogar bei Aldi.
- Gründe, auf tierische Produkte zu verzichten, gibt es genug. Vom Tierwohl über die eigene Gesundheit bis zur Umwelt. Wie bewertest du die aktuellen Entwicklungen?
Die Pandemie zeigt uns, dass die Menschheit an einem Scheideweg steht. Covid-19 ist eine Zoonose, ein Virus, der vom Tier auf den Menschen überspringt. Genau wie die Vogelgrippe, SARS, die Schweinepest … Da liegt doch die Frage auf der Hand: Wollen wir weiter Tiere fangen, überzüchten, mästen – und weitere Pandemien riskieren, für ein bisschen Gaumenkitzel? Wollen wir uns selbst weiterhin mit tierischen Fetten mästen und so zu übergewichtigen „Risikopatienten“ werden?
Wir brauchen ein neues Verhältnis zu unserem Essen. Aber wenn es um den eigenen Teller geht – wer will sich da schon reinreden lassen? Ernährung ist ein unglaublich emotionales Thema, sehr privat. Aber ich finde: Essen ist heute keine reine Privatsache mehr, die Auswirkungen unseres Konsums sind zu weitreichend. Das Essverhalten der westlichen Gesellschaft heizt die Klimakrise an, macht massenweise krank und sorgt für unfassbares Leid. Es braucht mehr Aufklärung.
- Mit deinem Kinderbuch „Karl Klops“ erzählst du die Geschichte eines achtjährigen Jungen, der zum Veganer wird. Kritiker halten das für elterngesteuerte Gehirnwäsche. Was antwortest du denen?
Dieser Vorwurf ist absurd! Gehirnwäsche meint psychologische Manipulation, mit der man die Urteilskraft von Menschen angreift. Meine Kinderbücher „Karl Klops“ und „Schweinchen Schlau“ machen genau das Gegenteil: Sie stärken die Urteilskraft, indem sie Kindern Infos an die Hand geben, die sie sonst kaum bekommen. Die klassischen Bauernhof-Kinderbücher blenden die problematischen Aspekte der Tierhaltung komplett aus. Sie zementieren das Märchen von glücklichen Kühen, die vor Freude tanzen, wenn der Bauer sie melkt, und von Hühnern im Eierlege-Rausch. Das ist Gehirnwäsche! Meine Bücher zeigen, dass wir heute keine Tiere mehr ausbeuten müssen, um gut zu essen.
- Karl Klops wohnt auf einem Bauernhof, der kurzfristig auf ein Windrad und eine Tierpension umsattelt. Ganz so einfach ist die Lösung flächendeckend leider nicht, oder?
Ich bin Realist: Dass alle vegan leben, werde ich wohl nicht mehr erleben. Aber der Trend geht eindeutig in Richtung Pflanzenpower. Die Massentierhaltung gehört abgeschafft. Punkt. Das Billigfleisch hat einen zu hohen Preis – für die Tiere, für uns Menschen, für die Umwelt. Wir bauen auf gewaltigen Flächen Tierfutter an, während Milliarden Menschen kaum mehr als eine Schale Reis am Tag haben. Mit zehn Kilo Weizen kann ich ein Kilo Fleisch erzeugen – oder aber 15 Kilogramm Brot.
- Mit dem Buch „Karl Klops“ werden direkt die Kinder zum Umdenken angeregt. Aber geht die Ernährung nicht von den Eltern aus und wäre es somit ein Konflikt für die Kinder, wenn sie sich aktiv entscheiden, die Eltern aber nicht mitziehen?
Schlimmstenfalls arbeiten die Eltern dagegen an. Es gibt ja immer noch Väter, die Angst haben, dass ihre Sprösslinge nicht genug Muskeln aufbauen, wenn sie kein Fleisch essen. Dabei schwören heute sogar immer mehr Profi-Sportler auf pflanzliche Proteine. Wenn Eltern sich neuem Wissen verweigern, sehen sie schnell ganz alt aus – und Borniertheit belastet Beziehungen immer.
- Taubitz, Udo (Autor)
- Wenn du unseren Vätern einen Rat mit auf den Weg geben solltest, was würdest du ihnen empfehlen?
Hinterlasse deinen Kindern eine lebenswerte Welt – Hafermilch statt Kuhmilch wäre ein erster Schritt, ganz easy, mit großem Effekt. Stärke die natürliche Empathie deiner Kinder, indem du ihnen sagst, dass auch Schweine lieber gestreichelt als gegessen werden. Verbinde den Magen mit dem Hirn – und mit dem Herzen!
- Du hast drei Kinder. Wie bekommst du den Spagat zwischen Arbeit und Familie hin?
Ich bin selbständig, meine Frau auch. Wir arbeiten großteils im Homeoffice, das war auch schon vor Corona so, und das spart jede Menge Zeit. Normalerweise kann ich mir meine Arbeitszeit frei einteilen, außer wenn ich gerade ein Schreibseminar gebe. Kinder- und Haushaltsarbeit teilen wir uns gerecht, das ist uns wichtig und klappt gut. Aber jetzt, wo die Schulen seit Monaten mehr oder weniger zu sind und die Kinder ständig zuhause, da liegen die Nerven schon manchmal ein wenig blank.
- Du wohnst in Hamburg. Wie familienfreundlich ist unsere Stadt und was könnte noch verbessert werden?
Es gibt viel Grün in Hamburg, tolle Parks, schöne Spielplätze – klasse! Wäre der Betreuungsschlüssel in Krippen und Kindergärten besser, hätten wahrscheinlich weniger Eltern Bedenken, ihre Kinder dorthin zu geben. Frauen hätten bessere Karrierechancen. Männer sollten sich mehr trauen, in Elternzeit zu gehen, und ich meine nicht das Zwei-Wochen-Feigenblättchen. Im Nachbarland Schweden ist „Ich bin Papa und dann mal weg“ ganz normal, genau wie reduzierte Arbeitszeiten. Ich glaub, wir müssen an unserem Männerbild arbeiten – nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch. Zeit ist das neue Geld.
Lieber Udo, vielen lieben Dank für die tollen und inspirierenden Antworten. Und wenn ihr, liebe Leser, nun Lust bekommen habt auf die Bücher von Udo Taubitz, dann findet ihr sie hier bei Amazon.
Ich bin zwar kein Veganer, aber ich finde den Gedanken sehr gut!
Kinder sollten von Anfang an achtsam durch die Welt gehen und sich Gedanken machen.
In dieser Überflussgesellschaft dringend nötig
Vielen Dank dafür