Der digitale Wahnsinn schreitet unermüdlich voran. Und die Eltern sind dabei die zentralen Wegweiser und Vorbilder für ihre Kinder in einer immer komplexeren Welt, die von digitalen Medien geprägt ist. Und der Fortschritt beeinflusst auch die Erziehungsaufgaben der Eltern, denn mit der Medienkompetenz ist eine noch recht junge, aber ganz wesentliche Disziplin dazugekommen. Heute ist schon bei den ganz Kleinen ein Leben ohne Fernsehen, Handy, Tablet oder Smartphone kaum vorstellbar. Und daher ist es die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder rechtzeitig im Umgang an den Devices zu schulen. Aber wer hat da eigentlich das Heft in der Hand, eher die Mama oder der Papa? Wir wissen es…
Welcher Elternteil fühlt sich eher dafür verantwortlich, die eigenen Kinder mit der Nutzung von Medien vertraut zu machen und dem Nachwuchs auch die Chancen und Risiken der digitalen Welt näherzubringen? Ist die Medienkompetenz der Kinder eher ein Thema für die Mütter oder den Vater? Oder bearbeiten beide gemeinsam dieses wichtige Erziehungsgebiet? Die KKH Kaufmännische Krankenkasse wollte genau wissen und hat in einer repräsentativen forsa-Umfrage insgesamt 1.001 Eltern mit Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren befragt.
Und dabei geben mit 67 Prozent gut zwei Drittel der befragten Eltern an, sich gleichermaßen um die Vermittlung von Medienkompetenz bei den Kindern zu kümmern. Weitere 23 Prozent geben an, dass sich überwiegend die Mutter um diese Aufgabe kümmert und nur bei neun Prozent aller Teilnehmer ist der Vater hauptverantwortlich zuständig.

Laut KKH-Psychologin Franziska Klemm zeigt das Ergebnis einen erfreulichen Trend: Die Medienkompetenz der Kinder ist bei den meisten Familien ein Fall für beide Elternteile. Das unterstreicht die Wichtigkeit, Kindern altersgerecht an die Nutzung der Geräte heranzuführen.
„Ein zu früher, nicht kindgerechter Umgang mit Medien kann sich negativ auf die Entwicklung und das Verhalten von Kindern auswirken.“
Franziska Klemm (KKH-Psychologin)
Die Nutzung von Medien kann Kinder überfordern, wenn es den Umgang nicht gelernt hat. Und auch die Dauer der Nutzung spielt eine Rolle. Anzeichen für eine fehlende Übersicht der Kinder sind Gereiztheit, Müdigkeit, Schlaf- und Konzentrationsprobleme oder auch erhöhter Bewegungsdrang. So richtig hilfreich sind Smartphone, PC & Co. frühestens mit Beginn des dritten Lebensjahres, vorher haben Bildschirme und Devices noch nichts in den Kinderhänden zu suchen. Und auch danach sollten sie nicht täglicher Bestandteil der Spielzeit sein. Um die mediale Realität einschätzen und bewerten zu können, bedarf es gewisser geistiger Fähigkeiten der Mädchen und Jungs. Es gibt aber noch weitere Vorteile, wenn sich die Eltern gemeinsam darum kümmern, ihre Kinder fit im Umgang mit Medien zu machen.
„Frauen und Männer bringen ihrem Nachwuchs digitale Medien aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen, Interessen sowie Nutzung von Internet und Smartphone aus verschiedenen Perspektiven näher“, sagt Franziska Klemm. „Dabei verschmelzen beispielsweise soziale, interaktive Kompetenzen mit solchen technischer und taktischer Art. Das erweitert den Erfahrungshorizont von Kindern beim Aneignen von Medienkompetenz enorm.“
Wie lässt sich ein „Fake“ erkennen?
Das Einstiegsalter bezüglich der ersten Nutzung von digitalen Medien durch Kinder sinkt nach wie vor. Und sicherlich hat der Lockdown und die Corona-Pandemie ein großen Beitrag zu dieser Entwicklung geleistet, waren Eltern durch geschlossene Kitas und Schulen nicht nur mit der Betreuung der Kinder beauftragt, sondern auch mit der Vermittlung von Wissen und der Bearbeitung schulischer Themen. Durch das Homeschooling verbrachten die Kleinen mehr Zeit in den eigenen vier Wänden. Dort bekommen sie dann mit, wie oft die Erwachsenen oder auch die älteren Geschwister zu ihren Smartphones greifen. Und so können viele der Kinder auf dem Tablet oder dem Handy bereits scrollen und swipen, bevor sie in der Schule lesen, schreiben und rechnen lernen. Aber Medienkompetenz braucht deutlich mehr.

Aber hier ist Vorsicht geboten. Denn nur wenn das Nachmachen der Handynutzung durch kleine Kinder den Anschein hat, dass sie alles im Griff haben, täuscht dieser Eindruck. Denn wichtig ist natürlich auch, was sie sich angucken und wie sie diese Informationen verarbeiten. Um die Medien und deren Inhalte zu beherrschen, müssen die Eltern ihre Kinder von Beginn an beim Hineinwachsen in die Medienwelt aktiv an die Hand nehmen und begleiten, um ihnen die nötige Medienkompetenz zu vermitteln.
„In digitalen Medien liegen echte Chancen für die Kindesentwicklung, sei es, um sich zum Beispiel Wissen anzueignen oder Kreativität zu fördern. Sie bergen aber auch Risiken wie Bewegungsmangel oder den Kontakt mit nicht altersgemäßen, verstörenden Inhalten“, so die KKH-Expertin. „Davor müssen wir Kinder schützen.“
Eltern sollten zuerst einmal auf eine kindgerechte Dauer bei der Mediennutzung achten. Kinder von drei bis sechs Jahren sollten pro Tag nicht mehr als 30 Minuten am Bildschirm verbringen. Für Kinder von sechs bis zehn Jahren sollte die Dauer eine Stunde pro Tag mit Smartphone, TV oder Tablet nicht übersteigen. Ab der weiterführenden Schule kommen dann verstärkt auch Hausaufgaben dazu, für die eine Nutzung digitaler Geräte erforderlich ist.
Hilfreich bei der Entwicklung der Medienkompetenz können Regeln sein, die ihr je nach Alter gemeinsam mit euren Kindern aufstellt. Zum Beispiel eine Vereinbarung, wann das Tablet wie lange und wozu genutzt werden darf. Hier habt ihr eine Vorbildfunktion, die ihr nicht ausblenden könnt. Daher solltet ihr selbst einen achtsamen Medienumgang vorleben. „All das schützt Kinder vor übermäßigem Konsum, hilft, den Fokus auch auf andere wichtige Lebensinhalte wie das Spiel mit Gleichaltrigen zu lenken, und zeigt, dass jeder digitale Medien im Griff haben kann“, resümiert Franziska Klemm.

Auf den Seiten der KKH findet ihr Tipps zur Mediennutzung von Kindern und einen Fragebogen mit einem Selbstcheck, ob euer Kind schon bereits ist für ein eigenes Smartphone.
Infos zur Studie „Medienkompetenz“
Das renommierte Marktforschungsinstitut forsa hat für die KKH im Jahr 2022 bundesweit 1.001 Eltern mit Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren repräsentativ online befragt. Dabei wurde unter anderem die Frage gestellt: Wie ist das bei Ihnen: Welches Elternteil ist dafür verantwortlich, dem Kind Medienkompetenz zu vermitteln – also die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend sachkundig zu nutzen?
Titelbild © Julia M Cameron (Pexels)