Gesundheit

Klare Sicht statt dicke Gläser – Interview mit Augenarzt zu Kontaktlinsen für Kinder

CooperVision 01

„Ich sehe was, was du nicht siehst“ – für viele Kinder ist das leider nicht nur ein Spiel, sondern Alltag. Immer mehr junge Menschen in Deutschland leiden an Kurzsichtigkeit – Tendenz steigend. Die gute Nachricht: Wer früh handelt, kann die Sehschwäche nicht nur korrigieren, sondern sogar ihr Fortschreiten bremsen. Doch während viele Eltern auf die klassische Brille setzen, gibt es längst modernere Alternativen. Zum Beispiel spezielle Kontaktlinsen, die nicht nur klare Sicht ermöglichen, sondern auch ein Stück Lebensqualität zurückgeben.

Augenarzt Dr. Kaupke hat Tipps zu Kontaktlinsen für Kinder

Warum Brillenfreiheit für Kinder heute keine Wunschvorstellung mehr sein muss, erklärt der Hamburger Augenarzt Dr. med. Peter P. Kaupke im Interview und räumt dabei mit gängigen Mythen und Unsicherheiten rund um das Thema Kontaktlinsen auf. Als erfahrener Facharzt für Augenheilkunde leitet er gemeinsam mit seinem Team die Augenarztpraxis Blankenese mit drei Standorten in Hamburg. Somit bringt er nicht nur fundiertes Fachwissen, sondern auch viel Erfahrung im Umgang mit kleinen Patientinnen und Patienten mit und zeigt, wie moderne Sehtherapie bei Kindern heute aussehen kann.

Dr. med. Peter P. Kaupke im Interview

Wie oft diagnostizieren Sie in Ihrem Arbeitsalltag eine Myopie und wie oft sind Kinder betroffen

Wir sind eine große Praxis mit drei Standorten in Hamburg, 14 Ärzten und Ärztinnen und über 50 Mitarbeitenden, dementsprechend hoch ist die Zahl. Wir stellen die Erstdiagnose „Myopie“ circa 140-mal am Tag. Die Patientinnen und Patienten sind dabei nahezu zu 100 Prozent Kinder und Jugendliche.

Warum ist es so entscheidend, eine beginnende Myopie frühzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln? Was ist das Therapieziel?

Eine frühe Diagnose ist wichtig, weil eine Myopie bei Kindern insbesondere in den Wachstumsphasen sehr schnell fortschreiten kann. Die Therapie zielt darauf ab, das Fortschreiten der Myopie zu bremsen oder sogar zum Stillstand zu bringen, auch um Spätfolgen der Kurzsichtigkeit, wie z. B. Netzhautablösungen, Makula-Degeneration und der Entwicklung eines Grauen oder Grünen Stars vorzubeugen. Eine frühe Behandlung ist außerdem für die Lebensqualität, die soziale Teilhabe an der Gesellschaft und an allen Lernprozessen wichtig.

Viele Eltern wissen gar nicht, dass es nicht nur Möglichkeiten gibt, die Kurzsichtigkeit ihres Kindes zu korrigieren, sondern ihr Fortschreiten aktiv zu verlangsamen. Wie begegnen Sie diesem Informationsdefizit in der Praxis?

Ich würde sogar sagen, dass 99 Prozent der Eltern nicht wissen, dass eine Kurzsichtigkeit nicht nur korrigiert, sondern ihr Fortschreiten auch gebremst oder sogar ganz gestoppt werden kann. Auch klassische Symptome, die daraufhin deuten, dass ein Kind kurzsichtig ist, werden oft viel zu spät erkannt. Deshalb informiere ich zusammen mit meinem Praxisteam intensiv über die Kurzsichtigkeit, ihre Behandlungsmöglichkeiten und ihre Folgen, auch gegenüber zuweisenden Kinderärzten und mit uns zusammenarbeitenden Augenoptikern. Damit erreichen wir aber nur die Menschen, die einen unserer drei Standorte besuchen. Es wäre gerade mit Blick auf die rasant steigende Zahl an kurzsichtigen jungen Menschen wichtig, dass dieses Thema auch in der öffentlichen Gesundheitsaufklärung mehr Raum bekommt. 

Welche Rolle können Kontaktlinsen bei der Therapie von Myopie spielen und unter welchen Bedingungen?

Aus meiner Sicht gibt es keine stringente Altersbegrenzung für den Einsatz von Kontaktlinsen zur Behandlung einer Sehschwäche. Bei Indikationen wie z. B. einer Aphakie passen wir therapeutische Kontaktlinsen sogar bei Säuglingen an. Grundsätzlich ist die wichtigste Bedingung für den Einsatz von therapeutischen Kontaktlinsen bei Kindern eine sehr hohe Compliance der Eltern. Kinderaugen wachsen und verändern sich. Regelmäßige Kontrollen sollen mögliche Risiken wie z. B. Reizungen oder gar Hornhautschäden durch unpassende Kontaktlinsen reduzieren. Darüber klären wir die Eltern und auch jugendliche Patientinnen und Patienten vorab gründlich auf. Werden diese wichtigen Termine dann dennoch nicht wahrgenommen, stellen wir die Kontaktlinsentherapie ein. 

Welche Vorteile sehen Sie als Augenarzt in der Anpassung von Kontaktlinsen bei Kindern – sowohl aus medizinischer als auch aus praktischer Sicht?

Unabhängig davon, ob therapeutische Kontaktlinsen oder eine Brille getragen werden: Beim Myopie Management profitieren die Kinder in erster Linie davon, dass die Progression der Kurzsichtigkeit ausgebremst und zugleich korrigiert wird. Letzteres ist für Kinder und Jugendliche unter anderem wichtig, um dem Schulunterricht folgen zu können und uneingeschränkt am sozialen Leben teilzunehmen. Eine Behandlung mit gut angepassten und regelmäßig kontrollierten Kontaktlinsen bietet im Gegensatz zur Brille mehr Freiheit und ist z. B. vorteilhaft beim Sport. Manche jungen Patientinnen und Patienten wünschen sich aber auch Kontaktlinsen, weil sie Angst davor haben, dass ihre Peergroup negativ auf ihre Brille reagiert.

Nicht selten befürchten Eltern, dass ihr Kind nicht verantwortungsvoll genug im Umgang mit Kontaktlinsen ist. Können Sie Erfahrungen aus der Praxis teilen? Wie schnell lernen Kinder in der Regel den richtigen Umgang mit Linsen?

Sie lernen es sehr viel besser, als die Eltern denken. Unsere Erfahrung ist, dass Kinder sehr schnell verstehen, was die Kontaktlinsen bewirken. Nach dem Anpassungsprozess üben sie im Beisein ihrer Eltern und mit unserer Unterstützung das Auf- und Absetzen der Kontaktlinsen.

Außerdem werden sie gründlich über den Umgang mit der Sehhilfe informiert. Bei den meisten Eltern, die vorher skeptisch waren, lösen sich während dieser kleinen Schulung meist die Vorbehalte in Luft auf, weil sie sehen, wie gut ihr Nachwuchs mit den Kontaktlinsen klarkommt.

Einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen verordnen nach wie vor lieber eine Brille für Kinder mit Kurzsichtigkeit. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Gibt es Vorbehalte gegenüber Kontaktlinsen, die aus Ihrer Sicht unbegründet sind?

In vielen Augenarztpraxen liegt der Fokus nicht auf der Kinderaugenheilkunde und es werden eher Fort-bildungen in anderen Bereichen gemacht. Das liegt leider auch daran, dass die Behandlung von Kindern nicht gut honoriert wird. Um Kolleginnen und Kollegen für moderne Therapiemethoden im Bereich der Kinderaugenheilkunde, wie z. B. Kontaktlinsen für das Myopie Management, zu begeistern, wären also nicht nur Fortbildungen sinnvoll, sondern auch eine bessere Honorierung. Wir sind eine Praxis, die sich schon seit 30 Jahren sehr intensiv mit der Kinderaugenheilkunde beschäftigt. Wir kennen die aktuelle Studienlage und innovative Produkte. Auch aufgrund unserer positiven Erfahrungen verordnen wir selbst kleineren Kindern Kontaktlinsen, wenn es für die Behandlung sinnvoll ist.

Empfehlen Sie Eltern mit kurzsichtigen Kindern gezielt Myopie Management Kontaktlinsen wie die MiSight® 1 day? Wenn ja, warum?

Wir empfehlen im Falle von Eltern betroffener Kinder gezielt eine Therapie zur Progression der Myopie. Dabei empfehlen wir nicht eine spezielle Methode, sondern informieren über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und berichten auch über die aktuelle Studienlage und unsere Erfahrungen mit Brillen oder auch therapeutischen Kontaktlinsen, wie z. B. der weichen Einmalkontaktlinse MiSight® 1 day.

Wie können Augenärztinnen und Augenärzte dazu beitragen, dass mehr Eltern über diese Möglichkeit informiert werden?

In unserer Praxis erhalten Eltern nicht nur viele Informationen auf Gesprächsebene, sondern auch in Form einer Broschüre. Aber damit wir auch außerhalb der Praxis, z. B. in Schulen, über das Thema „Kurzsichtigkeit“ aufklären dürften, müssten die Schulen auf uns zukommen, denn wir selbst dürfen uns nicht anbieten. Ich wurde z. B. schon einmal zu einem Vortrag zum Thema „Sehen und Lernen“ vor Lehrkräften eingeladen. Das war sehr sinnvoll, denn manche Kinder werden zu unrecht als unkonzentriert oder unaufmerksam abgestempelt, obwohl sie dem Unterricht nur aufgrund einer unentdeckten Sehschwäche nicht folgen können.

Wie hat sich Ihre eigene Sicht auf Kontaktlinsen für Kinder über die Jahre verändert und warum?

Gar nicht. Ich hatte und habe grundsätzlich eine positive Einstellung gegenüber dieser Sehhilfe für Kinder. Seit ich meine Praxis besitze, gibt es bei uns eine eigene Kontaktlinsenabteilung. Auch die Versorgung von Kleinstkindern mit therapeutischen Kontaktlinsen ist bei uns gängig.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Myopie Managements? Sehen Sie noch Aufklärungsbedarf – sowohl bei Eltern als auch bei Kolleginnen und Kollegen?

Ich wünsche mir deutlich mehr Aufklärung über die Myopie, im Speziellen die Kurzsichtigkeit bei Kindern und ihre Behandlungsmöglichkeiten. Ich wünsche mir, dass das Myopie Management bei Kindern zu einer Standardversorgung wird und die Arbeit in der Kinderaugenheilkunde in Zukunft einen höheren gesundheitspolitischen Stellenwert bekommt und adäquat bezahlt wird. Eine gute medizinische Versorgung für die kommende Generation sollte oberste Priorität haben, denn die Spätfolgen einer unbehandelten Kurzsichtigkeit belasten nicht nur die Betroffenen, sondern sorgen auch für enorme Kosten für das Gesundheitssystem. 

Vielen Dank an Dr. med. Peter P. Kaupke für das aufschlussreiche Gespräch und die deutlichen Worte. Für viele Eltern ist das Thema Kurzsichtigkeit bei Kindern noch immer mit Unsicherheit verbunden, weil es in den U-Untersuchungen auch nur beiläufig gecheckt wird. Umso wichtiger ist es, die Möglichkeiten moderner Behandlungsmethoden wie Kontaktlinsen zu kennen. Am Ende entscheidet ihr zusammen mit eurem Kind, welches Hilfsmittel für euch am besten passt. Denn gute Sicht bedeutet nicht nur bessere Noten, sondern auch mehr Selbstvertrauen, Bewegungsfreiheit und Lebensqualität. Liebe Väter, schaut euren Kids also ruhig mal genauer in die Augen, es könnte sich lohnen.

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