Früher waren es flauschige Ohren und Knopfaugen, die Kinderaugen zum Leuchten brachten. Heute sind es Kamera, Mikrofon und WLAN-Verbindung. Die Spielzeugwelt hat sich dramatisch verändert und zu Weihnachten stehen smarte Spielzeuge ganz oben auf vielen Wunschzetteln. Roboter mit künstlicher Intelligenz, die Fragen beantworten, bei den Hausaufgaben helfen oder einfach zuhören können oder auch edukatives Spielzeug, Toys mit Gestensteuerung oder andere digitale Wunderdinge: was nach Science-Fiction klingt, liegt längst millionenfach unterm Tannenbaum.
Doch bevor du als Vater eines dieser Hightech-Wunder für deinen Nachwuchs besorgst, solltest du ein paar wichtige Dinge wissen.
Wenn Kuscheltiere ins Internet gehen
Die Zahlen sprechen für sich: KI-gesteuerte Roboter wie der „AIRO“ mit Gestensteuerung und Sprachbefehlen gehörten in der Vergangenheit zu den beliebtesten Geschenken. Interaktive Lernspielzeuge verbinden Unterhaltung mit pädagogischem Mehrwert und versprechen, Kinder spielerisch auf die digitale Zukunft vorzubereiten. Das klingt verlockend – und ist es in vielen Fällen auch. Doch die Technologie bringt neue Herausforderungen mit sich, die Eltern nicht ignorieren sollten.
Der TÜV Rheinland weist in einer aktuellen Pressemitteilung darauf hin, dass viele dieser „Smart Toys“ mit dem heimischen WLAN verbunden oder per App gesteuert werden müssen. Einige nutzen KI-Systeme wie ChatGPT oder ähnliche Sprachmodelle. Sie hören zu, reagieren in Echtzeit auf Fragen und passen sich an das Verhalten des Kindes an. Das klingt beeindruckend, wirft aber auch Fragen auf.
Was Prüfzeichen wirklich aussagen
Bevor wir tiefer in die Materie eintauchen, lass uns über Sicherheitszeichen sprechen. Du kennst wahrscheinlich bereits das CE-Zeichen auf praktisch jedem Spielzeug, aber weißt du auch, was es bedeutet? Patrick Niklaus, Leiter des Elektroniklabors bei TÜV Rheinland, bringt es auf den Punkt: Das CE-Zeichen ist kein echtes Prüfzeichen. Hersteller bestätigen damit selbst, dass ihr Produkt EU-Anforderungen erfüllt. Eine unabhängige Prüfung steckt nicht dahinter.

Anders sieht es beim GS-Zeichen aus. „GS“ steht für „geprüfte Sicherheit“ und wird nur von unabhängigen, akkreditierten Prüfdienstleistern vergeben. Die Prüfung ist für Hersteller freiwillig, setzt aber deutlich höhere Standards als gesetzlich vorgeschrieben. Noch einen Schritt weiter geht das TÜV Rheinland Zertifikat „Ausgezeichneter Spielwert“. Hier prüfen Expert*innen nicht nur die Sicherheit, sondern auch den pädagogischen Wert, also ob das Spielzeug die Entwicklung des Kindes tatsächlich fördert.
Die versteckten Risiken vernetzter Spielzeuge
Sobald ein Spielzeug Funkfrequenzen nutzt, greift die Radio Equipment Directive (RED) der EU. Sie soll sicherstellen, dass Geräte andere Funkanlagen nicht stören und vor Cyberangriffen geschützt sind. Doch auch hier verlassen sich Hersteller oft auf Selbstauskunft, eine unabhängige Prüfung ist nicht zwingend vorgeschrieben.
Die Realität kann ernüchternd sein: Tests der US-Verbraucherschutzbehörde zeigten, dass KI-Spielzeuge Kindern teils detaillierte Anleitungen zu gefährlichen Gegenständen gaben oder zu unangemessenen Rollenspielen animierten. Die Sprachmodelle, die eigentlich nur altersgerechte Inhalte liefern sollten, funktionierten nicht immer wie versprochen.
Ein weiteres heikles Thema ist der Datenschutz. Informatikerin Isabel Wagner von der Universität Basel erklärt zum Test smarter Spielzeuge: „Alles, was das Kind dem Spielzeug erzählt, wandert irgendwohin ins Internet. Die Datenschutzbestimmungen des Herstellers sichern zu, dass die Daten nur dazu genutzt werden, um diese Unterhaltung mit dem Spielzeug zu realisieren und danach sofort gelöscht werden. Aber das können wir nicht überprüfen“ (Quelle: srf.ch). Was genau mit diesen Daten passiert, welche Server sie erreichen und wer darauf Zugriff hat, bleibt oft im Dunkeln.
Die KI-Verordnung kommt – aber erst 2026
Die gute Nachricht: Die europäische KI-Verordnung ist bereits in Kraft. Die schlechte: Die ersten verbindlichen Vorgaben für Hersteller gelten erst ab August 2026. Bis dahin bewegen wir uns in einer rechtlichen Grauzone. Niklaus vom TÜV fasst es treffend zusammen: „Mit der Technik wächst das Risiko – und im Bereich KI hat es in den vergangenen Jahren enorme Sprünge gegeben.„
Besonders kritisch wird es, wenn Spielzeuge biometrische Daten erfassen. Erkennt der Roboter dein Kind über Gesicht oder Stimme? Werden diese hochsensiblen Informationen gespeichert? Solche Funktionen erfordern besonderen Schutz. Der TÜV-Experte rät: Herstellerangaben genau prüfen und Erfahrungsberichte lesen. So lässt sich zumindest abschätzen, was die KI tatsächlich kann und welche Daten sie sammelt.

Praktische Tipps für bewusste Väter
Bedeutet das nun, dass du auf smarte Spielzeuge komplett verzichten solltest? Nicht unbedingt. Es geht vielmehr darum, informierte Entscheidungen zu treffen und die Kontrolle zu behalten. Hier sind konkrete Schritte, die du unternehmen kannst:
Prüfe zunächst genau, welche interaktiven Funktionen das Spielzeug bietet. Muss es wirklich mit dem Heimnetzwerk verbunden werden? Braucht es Zugriff auf dein Smartphone? Patrick Niklaus empfiehlt: „Eltern sollten immer die Kontrolle behalten und im Zweifel gewisse Funktionen deaktivieren.“ Viele smarte Spielzeuge funktionieren auch im Offline-Modus mit eingeschränktem, aber oft ausreichendem Funktionsumfang.
Lies dir die Datenschutzbestimmungen des Herstellers durch. Wo werden Daten gespeichert? Werden sie mit Dritten geteilt? Wie lange werden sie aufbewahrt? Seriöse Hersteller machen diese Informationen transparent zugänglich. Wenn du diese Infos nicht findest oder sie dir suspekt vorkommen, sollten bei dir die Alarmglocken läuten.
Achte auf Prüfsiegel, insbesondere das GS-Zeichen. Es ist zwar keine Garantie für perfekte Datensicherheit, aber ein Indiz dafür, dass sich jemand unabhängig mit dem Produkt beschäftigt hat. Bei smarten Spielzeugen sollte auch die Verschlüsselung der Datenübertragung ein Thema sein, auch wenn das in den Herstellerangaben oft zwischen den Zeilen steht.
Der gute alte Sinnescheck
Neben all der Technologie solltest du aber auch deinen gesunden Menschenverstand einsetzen. Der TÜV Rheinland rät, Spielzeug vor dem Kauf mit allen Sinnen zu testen: Riecht das Produkt stark chemisch? Blättert Farbe ab? Hat es scharfe Kanten? Ist es kreischend laut? Diese simplen Checks verraten oft mehr über die Qualität als jede Werbebroschüre. Im stationären Spielwarenhandel lässt sich das am besten prüfen und du unterstützt gleichzeitig den lokalen Handel.
Besonders bei Lautstärke solltest du kritisch sein. Manche smarten Spielzeuge können überraschend laut werden, was auf Dauer das Gehör deines Kindes schädigen kann. Wenn du das Spielzeug selbst als unangenehm laut empfindest, ist es für Kinderohren definitiv zu viel.
Zwischen Innovation und Verantwortung
Die Herausforderung bei smarten Spielzeugen liegt in der Balance: Einerseits wollen wir unsere Kinder nicht von technologischen Entwicklungen abschotten. KI wird ihre Zukunft prägen und spielerischer Umgang damit kann durchaus sinnvoll sein. Programmierbare Roboter können logisches Denken fördern, interaktive Lernspielzeuge können Sprachentwicklung unterstützen und kreative KI-Anwendungen können Fantasie anregen.
Andererseits dürfen wir nicht blind jede Innovation ins Kinderzimmer lassen. Die Informatikerin Wagner warnt ausdrücklich davor, Kinderbetreuung an KI-Spielzeug zu delegieren. Emotionale Intelligenz entwickelt sich durch persönliche Beziehungen, nicht durch Algorithmen. Das smarte Spielzeug sollte die menschliche Interaktion ergänzen, nie ersetzen.

Was auf dem Wunschzettel 2024/2025 steht
Die aktuellen Spielzeugtrends zeigen eine interessante Mischung: Neben den KI-Robotern und smarten Lernspielzeugen sind klassische Spielsachen wie Holzspielzeug wieder stark im Kommen. Nachhaltigkeit spielt eine größere Rolle als je zuvor. Viele Eltern entscheiden sich bewusst für eine Kombination: Ein paar ausgewählte smarte Spielzeuge, ergänzt durch hochwertige, analoge Klassiker.
Laut Amazon und dem Handelsverband Spielwaren gehören zu den Top-Geschenken 2024/2025 neben KI-Robotern auch kreative Bastelsets, interaktive Plüschtiere ohne Internetverbindung, detailreiche Bausätze und klassische Brettspiele. Die Botschaft ist klar: Smart muss nicht bedeuten, dass alles vernetzt sein muss.
Das Fazit für Väter
Smart Toys sind weder Teufelszeug noch die Lösung aller Erziehungsfragen. Sie sind Werkzeuge und wie bei jedem Werkzeug kommt es darauf an, wie wir sie einsetzen. Als Vater hast du die Verantwortung, informierte Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet nicht, dass du zum IT-Sicherheitsexperten werden musst. Es bedeutet aber, dass du kritische Fragen stellst, auf Prüfzeichen achtest und die Funktionen vernetzter Spielzeuge verstehst.
Nimm dir Zeit bei der Auswahl. Sprich mit deinem Kind über die Technologie, denn auch Kinder sollten verstehen, dass der Roboter ihre Daten sammelt. Deaktiviere Funktionen, die du für unnötig hältst. Und vor allem: Bleib präsent. Kein noch so schlaues Spielzeug kann ersetzen, was du als Vater leistest.
Die Weihnachtszeit sollte Freude bringen, keine Sorgen. Mit ein bisschen Aufmerksamkeit und gesundem Menschenverstand findest du Geschenke, die dein Kind begeistern und gleichzeitig sicher sind. Und wer weiß, vielleicht entdeckst du ja selbst Spaß daran, mit dem smarten Roboter zu experimentieren. Denn seien wir ehrlich: Ein bisschen Kind steckt doch in uns allen.











