Elektroautos holen rasant auf, in der öffentlichen Meinung und auf der Straße. Laut dem aktuellen HUK-E-Barometer (2. Quartal 2025) bewerten inzwischen 48 Prozent der Deutschen Elektroautos als „sehr gut“ oder „gut“. Das sind deutlich mehr als noch ein Jahr zuvor. Und auch eine repräsentative Umfrage der WirtschaftsWoche zeigt: 58 Prozent der Befragten können sich vorstellen, ihr nächstes Fahrzeug elektrisch zu wählen, fast ein Drittel hält das sogar für sehr wahrscheinlich. Diese Entwicklung zeigt, dass die E-Mobilität alltagstauglich wird. Aber ist sie auch familientauglich?
Um das herauszufinden, testen wir bei Daddylicious regelmäßig aktuelle Elektroautos im echten Leben: Nicht auf der Teststrecke, sondern im täglichen Familienwahnsinn zwischen Kita, Schule, Supermarkt, Wochenendtrip und Autobahn. Diesmal am Start: der Polestar 3, ein vollelektrischer SUV aus Schweden und China, der viel Design, viel Technik und ziemlich viel Power verspricht. Aber wie schlägt sich das stylische Elektro-Biest mit rund fünf Metern Länge im Familienalltag? Wir hatten den Polestar 3 zwei Wochen im Dauereinsatz, hier kommt unser ehrlicher Fahrbericht.

Der erste Eindruck: Skandinavischer Muskelprotz
Beim ersten Blick auf den Polestar 3 wird schnell klar: Der will nicht einfach nur im täglichen Stadtverkehr mitschwimmen, der will auffallen. Die bullige Front, die scharfe Seitenlinie und das durchgehende LED-Leuchtenband am Heck geben dem SUV ein markantes Gesicht. Unser Testwagen kam in der dezenten Lackfarbe „Snow“ für 1.600 Euro on top, aber mit auffälligen orangefarbenen Sicherheitsgurten, die – ehrlich gesagt – eher nach Rallye als nach Familienausflug aussahen. Geschmackssache, aber uns war das ein bisschen „too much“, weil sich diese Sportlichkeit in keinen anderen Features wiederholt.
Trotzdem: Der Polestar 3 wirkt extrem hochwertig verarbeitet und bringt diesen typisch skandinavischen Purismus mit, den man bei vielen SUVs außerhalb des Premium-Segments oft vermisst. Keine übertriebene Chrom-Show, keine verspielten Designelemente. Einfach eine klare, kraftvolle Erscheinung. Bei uns war es übrigens der Polestar 3 Long Range Dual Motor mit 489 PS zu einem Grundpreis von 81.590 Euro und einer maximalen Reichweite von 636 km laut Hersteller. Zu den Extras kommen wir später.

Personalisierung & Extras
Auch wenn der Polestar 3 bereits in der Basisversion üppig ausgestattet ist, lässt sich das Elektro-SUV mit zahlreichen kostenpflichtigen Extras weiter individualisieren. Wer besonderen Wert auf Sound legt, kann das Fahrzeug mit einem Bowers-&-Wilkins-Audiosystem mit 25 Lautsprechern, Subwoofer und 3D-Surroundklang ausstatten. Das sorgt auch bei langen Familienfahrten für echtes Disco-Feeling oder für Bobo Siebenschläfer in Dauerschleife. In dem Plus-Paket für 6.000 Euro ist dann auch das Head-Up-Display und weitere Features enthalten, die für mehr Fahrspaß und Komfort sorgen. Unter anderem eine belüftete Massagefunktion für die Sitze, Soft-Close-Türen oder ein erweitertes Ambientelicht. Wer mehr Technologie will, greift zum Pilot-Paket, das zusätzliche Fahrerassistenzsysteme beinhaltet.
Innen stehen verschiedene Material- und Farboptionen zur Wahl: vom nachhaltigen MicroTech über feines Nappaleder bis hin zu recycelten Textilien, kombiniert mit Dekorelementen in Aluminium oder Holzoptik.
Außen gibt es eine Auswahl an edlen Lackfarben wie „Snow“ (Weiß), „Space“ (Schwarz), „Thunder“ (Grau), „Jupiter“ (Beige), „Midnight“ (Blau) oder „Magnesium“ (Silber). Dazu lassen sich unterschiedliche Felgendesigns von 21 bis 22 Zoll konfigurieren, sportlich, dynamisch oder elegant, je nach Wunsch. In unserem Fall 22-Zoll-Performance-Räder mit Akzenten in Schwedengold.

Klar ist: Wer sich in der Ausstattungsliste austobt, landet preislich schnell jenseits der 100.000-Euro-Marke. Aber dafür fährt man auch ein echtes Statement für Elektro, für Design und für Komfort.
Im Innenraum: Purismus trifft Hightech
Im Fahrzeuginneren regiert das digitale Zeitalter. Ein klassisches Armaturenbrett gibt es nicht. Stattdessen blickt man auf ein optionales Head-up-Display und einen sehr minimalistischen Bildschirm direkt hinter dem Lenkrad. Die Mittelkonsole ist leer. Kein Wust an Knöpfen, keine mechanischen Regler. Nur ein großes zentrales Tablet im Hochformat, über das quasi alles gesteuert wird, vom Navi über die Klimaanlage bis zur Massagefunktion auf den Vordersitzen.
Das wirkt clean und modern, hat aber auch seine Tücken. Wer nicht technikaffin ist oder einfach mal schnell etwas einstellen will, könnte hier anfangs verzweifeln.

Dafür punktet der Polestar mit reichlich Ablageflächen. Getränkehalter, Handy-Fächer, ein großzügiges Fach unter der Mittelkonsole. Da merkt man, dass bei der Entwicklung nicht nur Designer mit am Tisch saßen, sondern auch ein paar Praktiker.
Hinten sitzen die Kleinen ganz groß
Familiencheck, Rückbank: Daumen hoch! Die Beinfreiheit auf der Rückbank ist enorm. Selbst mit zwei sperrigen Kindersitzen gibt’s ausreichend noch Platz für einen Erwachsenen in der Mitte. Isofix gibt’s natürlich auch. Und die erhöhte Sitzposition sorgt dafür, dass Kinder beim Blick aus dem Fenster mehr als nur Türverkleidung sehen.
Was uns allerdings gefehlt hat – und das war an heißen Tagen tatsächlich ein Thema: eine Abdeckung für das große Panoramadach. Klar, das sieht toll aus und macht den Innenraum schön hell. Aber wenn die Sonne knallt, wird’s hinten schnell unangenehm. Gerade die Kids auf der Rückbank hätten sich über etwas Schatten und Sonnenschutz gefreut. Hier wäre eine Abdeckung zum Schließen sinnvoll.

Der Kofferraum: Praktisch mit Extra-Kabel-Fach
Mit einem Fassungsvermögen von 484 bis 1.411 Litern ist der Kofferraum für den Familienalltag absolut tauglich. Kinderwagen, Einkäufe, Sporttaschen, alles kein Problem. Besonders smart: Das Ladekabel liegt vorne unter der Motorhaube, also im sogenannten „Frunk“. Das hat uns mehrfach geholfen, etwa wenn der Kofferraum randvoll war, aber das Kabel trotzdem schnell gebraucht wurde.
Was wir nicht sofort fanden: den Öffner für den Kofferraum. Der ist digital über das Tablet zu finden oder ziemlich versteckt auf der Unterseite der Kofferraumklappe.

Fahrverhalten: Wuchtig, aber sportlich
Der Polestar 3 ist mit gut 2,5 Tonnen absolut kein Leichtgewicht, bringt aber dennoch beeindruckende Fahrleistungen auf die Straße. In unserem Testwagen mit Dual Motor heißt das eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in rund 5 Sekunden. Klingt nach Spaß und ist es auch. Der Polestar schiebt für ein Fünfmeter-SUV mächtig an und bleibt dabei stabil, direkt und erstaunlich agil.
Aber: Fahrspaß hat seinen Preis, vor allem beim Stromverbrauch. Auf der Autobahn haben wir daher meist mit Tempomat bei 125 km/h abgeregelt. Trotzdem ist der Polestar auch bei hohen Geschwindigkeiten ein extrem leiser „Gleiter“ ohne heftige Windgeräusche.
Autopilot und Assistenten für entspannte Fahrt
Eines der Highlights im Alltag war das Teilautonome Fahren. Mit aktivem Tempomat, Spurhalteassistent und Abstandstempomat fährt der Polestar 3 auf der Autobahn fast von selbst. Man muss nur ab und zu das Lenkrad berühren und kann die Geschwindigkeit bequem per Schalter am Lenkrad anpassen. Optional lässt sich auch das One-Pedal-Driving aktivieren, dann braucht man zum Fahren nur noch das Gaspedal. Wenn man den Fuß runternimmt, führt das zum regenerativen Bremsen bis zum Anhalten. So braucht es das Bremspedal nicht mehr.

Was allerdings auffiel: Die automatische Tempoerkennung arbeitete im Polestar 3 nicht zuverlässig. In der Stadt wurden teilweise 100 km/h oder auch mal 30 km/h angezeigt, obwohl ganz andere Geschwindigkeiten erlaubt waren. Das führte dazu, dass wir den Warnton für Geschwindigkeitsüberschreitungen schnell abgeschaltet haben, sonst piept’s dauernd.
Reichweite und Laden: Schnell, aber mit Limits
Offiziell gibt Polestar ne nach Performance-Variante eine Reichweite von 567 bis zu 706 Kilometern an. In der Realität, also mit Kindern, Autobahn und Klimaanlage, kamen wir eher auf 400 bis 450 km. Für ein Fahrzeug dieser Größe und Leistung ist das absolut solide.
Praktisch: Das Ladelimit kann begrenzt werden, um die Batterie zu schonen. Wer mehr will, kann das aber manuell ändern. Der Ladevorgang an der Schnellladesäule war angenehm flott, von 10 auf 80 Prozent in knapp 30 Minuten. Unterwegs hilft dabei Google Maps auf dem Tablet, das Ladepunkte in Echtzeit anzeigt. Noch etwas exakter waren allerdings die Angaben in unserer ergänzenden Lade-App auf dem Smartphone.

Bei einem Stromverbrauch von etwa 20 kWh/100 km liegt ihr bei Kosten von ungefähr elf Euro auf hundert Kilometer, wenn ihr öffentlich ladet. Das schafft kein Verbrenner.
Infotainment und Bedienung: Google inside
Im Herzen des Systems werkelt Android Automotive, also ein vollintegriertes Google-System. Google Maps, Google Assistant, Spotify & Co. sind direkt an Bord. Wer Android kennt, wird sich schnell zurechtfinden. Wer lieber Apple nutzt, muss sich etwas einfummeln denn Apple CarPlay ist zwar verfügbar, aber nicht so tief integriert wie bei manchen Konkurrenten.
Trotzdem: Das System ist schnell, stabil und schön animiert. Updates kommen regelmäßig over-the-air. Besonders angenehm auf langen Strecken: Die Massagefunktion auf den Vordersitzen, bei der sich 20-Minuten-Sessions aktivieren lassen. Ein echter Pluspunkt für Papa und Mama, wenn die Kinder auf der Rückbank gerade eingeschlafen sind.

Ausstattung, Varianten und Preise
Der Polestar 3 ist in drei Varianten erhältlich:
- Long Range Single Motor mit 299 PR
- Long Range Dual Motor mit 489 PS
- Long Range Dual Motor mit Performance Paket mit 517 PS
Alle Varianten kommen serienmäßig mit Allradantrieb, Luftfederung, Google-Infotainment, Panoramaglasdach, LED-Scheinwerfer, Pilot Assist, Wärmepumpe und vielem mehr. Ebenfalls bereits in der Basisversion enthalten sind:
- Einparkhilfe und Rückfahrkamera
- Fünf Außenkameras
- Fahrerassistenz-Systeme wie adaptiver Tempomat, intelligenter Geschwindigkeitsassistent, Spurhalteassistent, Gegenverkehr-Kollisionsvermeidung, Spurhaltesystem und Traktionskontrolle
- Sicherheitssysteme wie Kollisionsvermeidung/-minderung, automatisches Bremsen nach einer Kollision, Fahrerüberwachungssystem, elektrische Kindersicherungen und Schleudertrauma-Schutzsystem
Die Preise starten bei 74.590 Euro, mit Performance-Paket und ein paar Upgrades sind es schnell über 90.000 Euro. Extras für mehr Sound, Design oder spezielle Innenraumausstattungen treiben den Preis weiter hoch. Für Familien kein Schnäppchen, aber: Man bekommt ein absolut hochwertiges Gesamtpaket mit Zukunftstechnologie, Komfort und Designanspruch.

Fazit: Skandinavische Power mit Familienpotenzial
Zwei Wochen mit dem Polestar 3 haben uns gezeigt, dass Elektromobilität auch im Familienalltag funktioniert, wenn das Budget stimmt. Der große Schwede überzeugt mit Platz, Leistung, Design und digitalem Komfort. Besonders die Beinfreiheit hinten, die ruhige Fahrweise mit Assistenzsystemen und die hochwertige Verarbeitung hinterließen bei uns einen bleibenden Eindruck.
Weniger gut fanden wir die teils umständliche Bedienlogik, die puristische Opitk hinter dem Lenkrad, ungenaue Tempoerkennung und das fehlende Rollo fürs Panoramadach. Diese Kleinigkeiten mindern das positive Gesamtbild aber nur wenig, dieses fette Teil würde ich mir jederzeit sofort in die Garage stellen, wenn ich das passende Budget hätte.

Kurz gesagt: Wer bereit ist, gut 80.000 Euro zu investieren oder zu finanzieren, der bekommt mit dem Polestar 3 ein stilvolles, schnelles und ziemlich zukunftssicheres Familienauto. Es ist ein echter Hingucker mit Komfort, der selbst lange Familienfahrten zum Erlebnis macht.
[In Kooperation mit Polestar: Das Fahrzeug wurde uns für die Testfahrt für 14 Tage zur Verfügung gestellt.]