Familienleben

Papa, was wächst denn da? – Wie gemeinsames Gärtnern mit Kindern Zeit schenkt, Wissen vermittelt und richtig Spaß macht

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Ein Gastbeitrag übers Gärtnern von Ing. Matthias Jünger, MBA , garden-shop.at

Es war ein ganz normaler Samstag. Langsamer Morgen, Sonne, ein bisschen in den Garten und darin ein paar Kleinigkeiten erledigen. Noah spielte mit seinem kleinen Bagger neben auf der Wiese – wie er es die letzten Tage gerne machte. Und dann, plötzlich, diese Frage, die aus seinem kleinen Mund kam wie aus dem Nichts: „Papa, was wächst denn da?“ Ich war kurz überrascht, musste lachen – und wusste sofort: Das hier wird nicht nur mein Beet. Das wird unser Ding.

Seitdem ist kein Tag im Garten mehr wie vorher. Noah will wissen, was unter der Erde passiert, wie lange es dauert, bis seine Tomatenpflanze groß ist und warum der Regenwurm in der Erde wohnt. Und ich? Ich ertappe mich dabei, wie ich plötzlich die Welt wieder mit anderen Augen sehe – mit seinen. Gärtnern ist für uns nicht bloß Arbeit. Es ist ein Abenteuer mit Schaufel, Gartenerde und sehr vielen Warum-Fragen.

Erde unter den Fingernägeln – Warum ich nicht mehr alleine gärtnere

Früher war der Garten mein Rückzugsort. Kopfhörer rein, Unkraut raus, Seele baumeln lassen. Eine Stunde herumgraben war besser als jede App zur Achtsamkeit. Doch seit Noah mitmischt, ist es mit der Stille vorbei – und weißt du was? Ich vermisse sie nicht. Stattdessen höre ich jetzt das leise Schmatzen feuchter Erde, wenn er wieder mit der bloßen Hand im Beet rumstochert. Oder seine Aufmerksamkeit, wenn er wieder ein Insekt entdeckt – „Papa, die Ameise soll nicht in mein Beet krabbeln!“

Am Anfang war ich gestresst. Gartenarbeit mit einem Dreijährigen? Klingt nach verschütteter Gießkanne, umgeworfenen Setzlingen und am Schluss ist mehr Arbeit entstanden als erledigt. Und ja, das gab’s auch. Aber was ich gewonnen habe, wiegt all das auf: ein kleiner Mensch, der über unsere Natur lernt, und dabei geduldig zu sein – das war ohnehin von Beginn an nicht gerade seine Stärke. Der Samen sät und hofft. Der jeden kleinen Trieb feiert, als wäre es ein Wunder – und irgendwie ist es das ja auch. Ich gärtnere nicht mehr für meinen Ertrag. Ich gärtnere für uns.

Das erste eigene Beet – Zwischen Matschhänden und Möhrenmatsch

Der Tag, an dem wir Noahs erstes eigenes Beet angelegt haben, war eigentlich viel zu heiß für Gartenarbeit. Aber Noah hat unbedingt darauf bestanden; ich hatte es ihm ja auch schon vor ein paar Tagen versprochen. Also haben wir die Schaufeln geschnappt, einen kleinen Fleck im Eck des Gartens freigeräumt und losgelegt. Ich hatte vorher brav den Boden gelockert, aber Noah bestand darauf, „nochmal richtig umzuwühlen“. Es war mehr Sandkastenspiel als Beetvorbereitung – aber hey, der Wille zählt.

Wir haben Möhren ausgesät. Ich hatte die Idee, mit Radieschen anzufangen – geht schneller, mehr Erfolgserlebnis. Noah aber wollte Möhren. „Weil Hasen die mögen.“ und die letzten Wochen im Kindergarten der Osterhase das Thema war. Logisch. Also habe ich ihm gezeigt, wie man Rillen zieht. Und Noah hat… naja… großzügig überall Samen verteilt. Manche direkt auf die Erde, manche hat er „versteckt“ – unter Steinen, neben dem Gartenschlauch, einmal sogar im Blumentopf. Ich hab kurz geschluckt, dann gelacht. Gartenpläne sind was für Erwachsene.

Ein paar Wochen später sind tatsächlich Möhren gewachsen. Schräge Dinger, krumm und kurz. Aber Noah war stolz wie Oskar. Er hat sie mit seinen kleinen Händen rausgezogen, geputzt (mehr schlecht als recht) und sofort probiert. Und ich? Ich hab in eine sandige, viel zu harte Babymöhre gebissen – und es war die beste Möhre meines Lebens.

Gießen, buddeln, staunen – Gärtnern mit einem Dreijährigen in der Praxis

Gartenarbeit mit Kindern ist eine andere Disziplin. Alles dauert dreimal so lang, und nichts läuft nach Plan. Ich gieße den Salat, Noah gießt die Steine. Ich hacke vorsichtig das Unkraut, Noah hackt beherzt auf einen Regenwurm. Einmal hat er versucht, unseren Schnittlauch mit einer Schaufel zu „ernten“ – inklusive Wurzelballen. Ich war kurz davor, laut zu werden – aber dann kam sein Blick: ehrlich, stolz, voller Tatendrang. Da konnte ich nicht anders, als mich neben ihn zu hocken und zu erklären, was Pflanzen brauchen, um nicht gleich „kaputt zu gehen“.

Und genau darin liegt die Magie: In den kleinen Momenten, in denen ich ihm etwas zeigen kann – und er mir gleich danach beweist, dass er es auf seine ganz eigene Weise versteht. Neulich zum Beispiel hat er unseren Komposthaufen als Schatzkiste entdeckt. „Papa, guck mal! Da wohnen Bananen und Würmer zusammen!“ Und irgendwie hatte er recht. In seinem Blick wird der Garten zu einer Mischung aus Spielplatz, Labor und Märchenwald. Und ich darf mitspielen. Was für ein Geschenk.

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Mit allen Sinnen im Garten: Kleines Mädchen bestaunt eine blühende Sonnenblume.
© Robert Fischetto | unsplash (2017)

Was Noah im Garten gelernt hat – und ich auch

Wenn ich heute beobachte, wie Noah mit seiner kleinen Gießkanne zwischen den Beeten wackelt, merke ich: Er hat mehr gelernt, als ich jemals geplant hatte. Er weiß, dass Pflanzen Zeit brauchen. Dass man nicht alles sofort ausbuddeln kann, nur weil man neugierig ist. Und dass man manchmal warten muss – auch wenn es schwerfällt. Geduld, Verantwortung, Respekt vor dem Leben im Boden… das steht in keinem Kindergartenlehrplan, aber in unserem Garten wird’s ganz nebenbei vermittelt.

Das Schönste ist vielleicht, dass er mit einer Natürlichkeit mit Erde, Insekten und Wachstum umgeht, wie ich sie mir oft erst zurückholen muss. Für ihn ist ein Wurm kein ekliges Vieh, sondern ein Freund mit Job. Eine welkende Pflanze kein Grund zum Ärgern, sondern ein Anlass zum Fragen: „Papa, ist die jetzt traurig?“ Seine Sicht auf die Dinge zwingt mich, öfter innezuhalten – und meine eigenen Antworten zu hinterfragen. Ich lerne dabei fast genauso viel wie er.

Und manchmal geht’s auch einfach nur ums Tun. Darum, gemeinsam etwas anzufangen. Nicht, weil es perfekt werden soll, sondern weil es sich gut anfühlt, zusammen zu buddeln. Wenn wir abends mit schmutzigen Fingern auf der Terrasse sitzen, ein bisschen stolz, ein bisschen müde – dann weiß ich: Das ist mehr als Erziehung. Das ist gelebte Verbindung. Und ehrlich? Ich glaube, mein dreißigjähriges Ich hätte das dringend gebraucht.

Gemeinsam wachsen – Warum der Garten mehr ist als Erde, Pflanzen und Werkzeuge

Es geht längst nicht mehr nur um Tomaten und Möhren. Unser Garten ist zu einem Ort geworden, an dem Noah und ich Zeit finden, die im Alltag oft untergeht. Kein Handy, kein Termindruck, kein „Warte kurz“ – nur wir, die Vögel, ein bisschen Wind und das leise Gluckern der Gießkanne. Wir lachen, wir fluchen (naja, ich leise), wir lernen. Und wir wachsen – er sowieso, aber ich irgendwie auch.

Ich hätte nie gedacht, dass eine Tüte Möhrensamen so viel bewirken kann. Dass ein paar mickrige Beete mir zeigen, wie sehr ich Verbindung brauche. Nicht zur Natur – das war mir klar. Sondern zu meinem Kind. Die Gespräche, die beim Jäten entstehen, die Wortfetzen über Regenwürmer, Superhelden und wer schneller buddeln kann – das ist echtes Leben. Da entstehen keine Instagram-Momente, sondern Erinnerungen, die bleiben. Und ich wünschte, jeder Papa hätte so einen Ort.

Lass uns noch ein bisschen graben, Papa

Manchmal, wenn ich abends völlig erledigt auf der Couch liege und mein Rücken von der letzten Buddelaktion ziept, höre ich noch Noahs Stimme im Ohr: „Lass uns noch ein bisschen graben, Papa.“ Und dann weiß ich wieder, warum das alles so viel mehr ist als ein Hobby. Es geht nicht um Ernteerträge oder den perfekten Rasen. Es geht um diese kleinen, wertvollen Momente, in denen Nähe entsteht – zwischen Vater und Sohn, zwischen Mensch und Erde.

Ich weiß nicht, wie lange er sich noch für Regenwürmer begeistern wird. Oder ob er irgendwann lieber am Handy spielt als Gießkanne trägt. Aber ich hoffe, dass in ihm etwas bleibt. Etwas von dieser Neugier, dieser Geduld, diesem gemeinsamen Staunen. Und wenn er später einmal ein Beet anlegt – für sich oder für jemand anderen – dann soll er wissen: Es hat mit einem „Papa, was wächst denn da?“ angefangen. Und mit einem „Komm, ich zeig’s dir“ geantwortet.

Kurzporträt des Autors

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Matthias Jünger ist Vater, Gärtner und Gründer von Garden-Shop.at – aber vor allem jemand, der weiß, dass Nähe manchmal zwischen Beetreihen wächst. Seit sein Sohn Noah ihm im Garten die großen Fragen mit kleinen Worten stellt, sieht er Unkraut, Würmer und Sonnenblumen mit neuen Augen. Für Matthias beginnt echtes Lernen nicht im Kopf, sondern mit den Händen in der Erde. In seinen Texten verbindet er tiefe Naturverbundenheit mit persönlichen Momenten – ehrlich, nahbar und voller Staunen.

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