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Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Und Schnitt!“

Zum Haareschneiden geht man in der Regel zum Friseur. Bestens vorbereitete Fachkräfte erwarten dort kleine und große Menschen mit einer zumeist zu langen Matte. Es sollen aber auch schon Glatzköpfe angenommen worden sein. Man kann natürlich so tun als ob. Oder die Suchfunktion entdigitalisieren und direkt auf die betreffende Person anwenden. Wirklich erfolgversprechend scheint keine der beiden Optionen. Nur gut, dass bei unseren Kindern eine Glatzenbildung bis auf Weiteres ausgeschlossen ist. Nichts gegen kahle Stellen, aber haarig ist mir schon deswegen lieber, weil es manche Situationen auch mit Kindern einfach schön umschreibt.

Pauline hat sich vorgenommen, es Rapunzel mindestens gleichzutun, sie vielleicht sogar um Längen zu überbieten. Sollte irgendwer also bald auf ihr Haar treten, möge sie sich nicht beschweren, dass es märchenhaft weh getan hat. Jakob hat einen recht ordentlichen Lockenschopf, der ihm wahrscheinlich dazu dient, potentiellen Schlachttieren Versteck und Schutz zu bieten. Leander hat es von vornherein gerne kurz bis kürzer. Für mich manchmal an der Schmerzgrenze, aber wenn`s halt irgendwo im Trend liegt. Soweit ich mich erinnern kann, konnte ich mir in seinem Alter an die Schulter fassen und erwischte dabei zusätzlich einen kräftigen Büschel Haare. Waren halt andere Zeiten damals, die 1980er Jahre, und wahrscheinlich galten Frisuren insgesamt als kaum der Rede wert. Wenn man dagegen heute Menschen vom Fach herumfuchteln lässt an seiner natürlichen Kopfbedeckung, ist das Gerede groß. Jedenfalls jenes, dass so nebenbei entsteht, wenn man eben keinen Friseurladen aufsucht, sondern sich eine freiberufliche Scherenkünstlerin ins Haus holt. Die einen dafür dann mit verbalen Ausflügen in rein private Gefilde belohnt, also ganz nebenbei. So weiß ich jetzt, dass ihr Sohn oft Spiele am Computer spielt. Auch geliehene, die eigentlich nicht altersgemäß sind. Aber unsere Welt ist ja eigentlich auch nur geliehen, und streng genommen dürfte sie in weiten Teilen gar nicht freigegeben werden. Trotzdem musste sie in diesem Punkt unsere Sorge spüren: Schließlich können nicht altersgemäße Spiele zu schwerem Verfall von Moral und Umgangsformen führen. Ungeheuer wichtige Dinge also, über die Eltern gar nicht oft genug mit ihren Kindern reden können. Sagen die Kinder und empfehlen deshalb, es besser gar nicht erst zu versuchen.

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Schweigen ist Gold, wie es in einem Sprichwort heißt. Dann gibt es aber Menschen, die geben sich mit Silber vollauf zufrieden. Was sie dazu befähigt, mit dem Reden gar nicht mehr aufhören zu können. Oder es auf einen Zeitraum zu begrenzen, der den Rest der Menschheit in die Lage versetzt, die ersten Buchstaben ihres jeweiligen Alphabets sich zumindest vorstellen zu wollen. Da kommt dann zwar nicht so viel bei rum, aber Leander, Jakob, Leopold und Maximilian wissen herausragende Informationen aus einem persönlichen Umfeld immer zu schätzen. Und nebenbei bekommen sie die Haare geschnitten. Valentin schon auch gelegentlich, gilt es doch, freundlicherweise mitgebrachte Varianten von Gummibärchen zu inspizieren und spätestens bei Aufforderung zu vernaschen. Pauline dagegen beharrt auf die Entfernung maximal von Spitzen, sofern sie überhaupt an die Reihe kommen will. Es ist ihr Kopf, und was und wieviel darauf ist, geht alleine sie etwas an. So geht es ihr bestimmt durch den selben. Aber Spitzen sind ja auch toll. Man denke nur an Spitzenkleider, Spitzensteuersatz, Spitzenpersonal bei CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne, Linke, AfD…

Handwerklich hat sie es total drauf. Noch keines der Kinder hat sich im Nachhinein über die neue Frisur beschwert, die ja eigentlich die alte ist, nur kürzer. Oder kurz, wie zuletzt Leander nichts daran fand. Dass bisschen Reden dabei ist nun wirklich nicht der Rede wert. Außerdem erfährt man ja auch noch viel mehr als bloß davon, wie leicht es Kindern mitunter gemacht wird, Verbote zu umgehen. Man hört zum Beispiel Geschichten aus ihrer Vergangenheit. Oder aus ihrem Alltag mit einem Mann, der gerne mal die Beine hochlegt, wenn ihm gerade nicht einfallen will, wie Unterstützung geht. Es ist also kein leichtes Leben. Aber wer kann das schon von seinem sagen, wenn ihm nicht gerade sechs Richtige einen Ausweg gezeigt haben? Oder sogar sechs richtige Kinder mit zusätzlich einem Nesthäkchen, dass in so vielen Situationen großartige Treffer erzielt, zuletzt auch mit Kartoffeln. Ihr Wunsch nach Anteilnahme ist auf jeden Fall berechtigt. Obwohl sie da noch jemanden kennt, der gelegentlich in einer Tankstelle aushilft. Was ihr hilft, zumindest manches super zu finden. So auch meine Frisur, nachdem ihre Schere aufgegangen ist…

Fotos: oben © Fotolia (Татьяна Ломник) // unten © pixabay

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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