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Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Ganz gestohlen“

Es braucht nicht so viel Kohle, um ein anständiges Essen auf den Tisch zu bekommen. Und wir brauchen schon gar keine, um für einen Abend richtig satt zu werden, wir benutzen nämlich einen Elektrogrill. Der war jetzt bestimmt schon fünfzehn bis zwanzig Mal im Einsatz, und ich kann mich nicht erinnern, dass der auch nur ein einziges Mal nicht funktioniert hätte. Und wenn, dann war vielleicht der Stecker nicht in der Steckdose, oder jemand hat die Grillstäbe gegen verlängerte Zahnstocher ausgetauscht. Aber das wäre mit einiger Sicherheit aufgefallen, und lässt man die äußerst schmackhaften Ergebnisse der letzten etwa drei Jahre Revue passieren, dann scheint doch alles in Butter. Abgesehen vielleicht von Schafskäse in Alufolie oder Würstchen auf Weizenproteinbasis, aber der und die sind vor allem unserem vegetarischen Essrebellen Jakob geschuldet und damit eher Randerscheinungen. Ansonsten kommt leckeres Bio-Fleisch auf den handlichen Grill, auch wenn dessen Geruch Gäste einzuladen scheint, die wir ganz und gar nicht auf dem Radar hatten. Ich meine nicht etwa Donald Trump oder gar Boris Becker, bloß weil die spontane Einfälle über alles stellen oder bestimmt auch als Botschafter des guten Geschmacks eine tolle Figur abgeben. Ich meine ein Tier, ein wildes Tier. Also etwas, was Trump soviel Respekt abnötigen würde, um dem ungehobelten Viech eigene kleine Käfige zur Verfügung zu stellen…

Das Tier ist ein Fuchs. Aber es ist nicht wild genug, uns furchtbare Angst einzujagen. Der Fuchs ist eher klein und schmal, wahrscheinlich kein bereits erwachsener, sondern ein noch in einem frühen Entwicklungsstadium heranwachsender. Vielleicht ist er aber auch nur so klein, weil einem Fuchs ja gemeinhin Schlauheit nachgesagt wird, und schließlich sind ja manche unserer Kinder ja auch noch lange nicht an der Schwelle zum Erwachsenwerden, wären ja auch schön blöd. Also besser klein und schlau als groß und… an einen IQ-Test hab` ich mich zwar jetzt schon länger nicht mehr herangetraut, aber Fragen zu meiner Person beantworte ich jederzeit gerne und richtig. Wenn mich zum Beispiel der Max nach Körpergröße und Gewicht fragt, dann lege ich ihm aufrichtig nahe, dass ich nur deswegen noch kein Mitglied der Superheldenriege aus dem Hause Avengers bin, weil mein Body-Mass-Index nur knapp die Idealwerte verpasst und ich außerdem extrem ungeschickt in der Handhabung von Wunderwaffen bin, allemal von Grillanzündern und Feuerlöschern.

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Der Fuchs besucht uns mittlerweile beinahe täglich, zumeist am späten Nachmittag oder in den frühen Abendstunden. Bei Sonnenschein und beachtlichen Temperaturen sind dann immer irgendwelche von uns draußen, die mitbekommen, dass sich dieser Fuchs über diverse Essensreste auf dem Komposthaufen am anderen Ende des Gartens hermacht. Einmal hat er sogar einen biologisch abbaubaren Kompostbeutel im Maul gehabt, komplett ohne Inhalt. Und hat sich damit aus dem Staub gemacht, ohne irgendwas anderes, also ohne sichtbares Essen. Ich schätze mal, er wollte damit zu einer nahegelegenen Tier-Tafel. So ausgehungert wie der aussieht, haben die ihm diesen Beutel bestimmt ordentlich vollgepackt. Und zuhause in seinem Sozial-Bau hat er es sich dann garantiert mächtig schmecken lassen, wenigstens über drei Tage. So lange hat es nämlich gedauert, ehe er wieder bei uns vorbeigeschaut hat. Wir haben uns schon richtiggehend Sorgen gemacht um ihn. Abgesehen von Oskar, der kann Katzen nämlich absolut nicht ausstehen. Auch solche nicht, die wie Füchse von ihrer wahren Katzennatur bloß billig abzulenken versuchen. Aber dafür nimmt er sie gerne mal mit hinein in seine Träume. Damit wir ungefähr zwischen zwei und fünf Uhr morgens eine noch ungefährere Ahnung davon bekommen, wie es sich anhört, von unheimlichen Katzen und gefakten Füchsen vermeintlich verfolgt und gefoltert zu werden. Schon erstaunlich, was sich kleine Kinder so alles einreden. Aber sowas in der Art kennen wir ja auch von Jakob: Richtet sich unter anderem Weizenproteinstützpunkte in seinem Körper ein, die wir dann gefälligst wahrzunehmen haben als Quelle vielversprechender, ja richtiger Ernährung, die nur ein einziges großartiges Ziel zu kennen scheint: Den perfekten Body-Mass-Index!

Ein anderes Mal hat uns unser Füchslein während eines lauschigen Grillabends besucht. Näher als sonst ist er trotzdem nicht gekommen, trotz echt leckerer Würstchen und Steaks auf dem beständig elektrifizierten Grill. Einmal mehr hat er sich begnügt mit Essensresten, diesmal vom Vortag. Ich glaube fast, ein vegetarisches Würstchen, vom Teller auf den Boden gefallen und damit ungenießbar, lag auch mit auf dem sehr speziell duftenden Komposthügel. Ob es dem Fuchs geschmeckt hat, keine Ahnung. An sich sind sie ja Allesfresser, wird ihm also ziemlich egal gewesen sein. Jakob allerdings hätte ich zugetraut, angesichts dieser animalischen Großtat voller Genugtuung hinauszurufen in die laue Vorabendluft, Fuchs, du hast sie ganz gestohlen…!

Fotos: © Pixabay

Michael Ibach
Michael Ibach
Michael Ibach ist freier Journalist und Autor; als Autor/Ghostwriter arbeitet er seit über 15 Jahren für diverse Bühnenkünstler aus Deutschland und der Schweiz (Comedians, Kabarettisten, Bauchredner, Zauberer, Moderatoren, etc.). Kolumnen wie diese wurden bereits in verschiedenen Familien-Magazinen publiziert, u. a. in "Mamamia", "KidsLife", "Kids&Co.", "BIO-Magazin" und zuletzt im Chiemgauer Regionalmagazin "Servus Achental". Mit seiner Familie lebt er seit etwa 10 Jahren am bayerischen Alpenrand, seit 2012 im Chiemgau.

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