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NewsBericht aus Berlin III: Masern-Quarantäne andersrum

Bericht aus Berlin III: Masern-Quarantäne andersrum

Die Masern. Noch immer bricht diese hochansteckende Infektionskrankheit sporadisch auch in Deutschland aus. Eine Impfpflicht gibt es bei uns nicht und um die Masern im Zaum zu halten, sei eine Impfquote innerhalb der Bevölkerung von 95% nötig. Außerdem leben wir in einem offenen Land, zuletzt schleppten offenbar Flüchtlinge vom Balkan den Virus wieder ein, genauer nach Berlin. Unsere Wahlheimat.

Etwa 600 Fälle über das Stadtgebiet verteilt, ein verschwindend geringer Teil bei über 3,5 Millionen Einwohnern. Und trotzdem. Wer sich infiziert, muss mit heftigen Reaktionen und schwerwiegenden Langzeitfolgen rechnen. Dass Masern auch für Erwachsene bedrohlich werden können, ist das eine. Wenn man jedoch eine gut 9-Monate alte – nicht geimpfte – Tochter hat, bekommt die Gefahr noch mal eine ganz andere Dimension. Diese Gefahr jedoch auch als solche zu erkennen, dafür brauchen die einen länger als andere.

Meine Frau gehört zur zweiten Gruppe, ich zur ersten. Nach einem Wochenende ganz im Zeichen des Einlesens in die Materie präsentiert sie mir am Sonntag Abend sichtlich emotionsgeladen und doch klar analysierend ihren Plan: Die Kleine müsse raus aus der Kita und generell möglichst jeden Kontakt mit anderen Menschen meiden. Und dies so lange, bis sie geimpft sei und der Impfstoff seine Wirkung entfaltet habe. Das Risiko der Ansteckung sei zwar gering, aber eben doch gegeben und wenn sich unser kleiner Engel tatsächlich anstecken sollte; wir könnten uns dies niemals verzeihen. Noch einmal betet sie all die möglichen Gefahren runter, den Worst-Case – große Schmerzen, schwere Langzeitenschäden, Tod. Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Tiefergehende Gedanken in diese Richtungen kann ich gar nicht zulassen. Auch mir wird klar: es gibt nur diesen Weg. Alles andere wäre verantwortungslos und fühlt sich falsch an.

In der Praxis bedeutet dies, dass sich entweder einer von uns beiden für zwei, drei Wochen Urlaub nimmt, oder wir einen guten Geist finden müssen, der sich full-time um unser Töchterchen kümmert. Die erste Option ist eigentlich unmöglich. Meine Frau ist gerade erst aus dem Mutterschutz zurück und ich stecke inmitten einer beruflichen Neuausrichtung und bräuchte eigentlich Tage mit 36 Stunden und eine 9-Tage-Woche, um all meine Projekte einigermaßen auf die Reihe zu kriegen. Also der sprichwörtliche Plan B. Dieser findet sich in Gestalt meiner Schwiegermutter (Ganz lieben Dank!!), die keine 24 Stunden später mit Sack und Pack bei uns vor der Tür steht, um ihren Dienst am Wohle der Familie anzutreten.

Dennoch sind es noch über zwei Wochen bis zum Impftermin, und auch direkt danach solle eigentlich noch kein Kontakt mit dem weiteren Umfeld stattfinden. Gott-sei-Dank können wir den Termin immerhin fünf Tage vorziehen. Damit erfüllen wir dann auf den Tag genau die Vorschrift, dass ein Kind mindestens 10 Monate alt sein muss, um die MMR-Impfung (Masern, Mumps, Röteln) bekommen zu können. Vorher sei der Impfstoff noch nicht freigegeben. Nun sind wir bis auf weiteres ein 3-Generationen-Haushalt.

Zwar wollten wir von Anfang an unsere Eltern ganz bewusst und nicht zuletzt aufgrund der räumlichen Distanzen (ins Münsterland einer-, ins Bremische anderseits) so intensiv in unser junges Familienglück mit einbeziehen, wie möglich. Aber eine solche Extremsituation wollten wir ihnen auch nicht unbedingt zumuten. Naja, manchmal kann man sich die Gründe für gewisse Dinge nicht aussuchen. Nicht gerade dankbarer wird Omas Aufgabe durch die Tatsache, dass die Kleine direkt mal ein bisschen kränkelt, obendrein noch ihren nächsten Wachstumsschub bekommt und damit nicht gerade pflegeleichter wird. Es werden spannende Tage…

Lest im letzten Teil von der Impfung, der Frage, wie lange man anschließend noch mit dem Kontakt zu anderen warten soll und der Wiedereingewöhnung in die Kita.

Hier sind die Beiträge Teil 1, Teil 2 und Teil 4.

Photo Credit „Morbillo“: Content Providers(s): CDC/ Dr. Edwin P. Ewing, Jr.

Carsten Bauer
Carsten Bauer
Carsten Bauer ist Vater einer Tochter, verheiratet und lebt in Berlin. Der gelernte Werbefachwirt ist außerdem Mitgründer von SOLO, einer Medien-Plattform für Skateboard-Kultur.

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