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Au Pair – wie läuft das überhaupt? Ein Gespräch mit Daddy Christian Jacks

Mein Kumpel Christian und seine Lady haben sich kürzlich ein Au Pair, äh ja, wie sagt man, „zugelegt“? Jedenfalls wollte ich jetzt mal von ihm hören, wie diese Art der Kinderbetreuung so funktioniert, wie man eigentlich an ein solches Au Pair überhaupt ran kommt und was sonst noch so zu beachten ist. Und bitte…

Hallo Christian, warum ein Au Pair?

Weil meine Frau und ich beide berufstätig sind und auch beide gerne arbeiten. Und in modernen Zeiten wie diesen scheint es ja absolut in Ordnung, wenn sich beide, trotz Kind, beruflich noch weiter verwirklichen wollen. Eine andere Option wäre eine Tagesmutter gewesen. Sprich jemand, die tagsüber in ihrem eigenen zu Hause mehrere Kids hütet, was dem Modell einer Kita nahe kommen würde. Oder eben der klassische Babysitter, was aber stets zeitlich begrenzt bzw. viel zu teuer wäre.

Das Au Pair-Modell kam für uns zunächst auch gar nicht in Frage, weil dies in unserer Vorstellung immer bedeutete, dass diejenige Person mit in unserem Haushalt leben müsste. Und das hätte bzgl. der Anzahl der Zimmer unserer Wohnung nicht gepasst. Denn einer der Hintergrundideen des Au Pair-Daseins ist u.a., dass das Au Pair immer auch die Kultur und das Zusammenleben einer, in diesem Fall deutschen Familie, miterleben soll.

Allerdings wusste unsere Hebamme zu erzählen, dass ein Au Pair auch in einer externen Wohnung unterkommen könne. Damit war für uns der Grund gegeben, die Option mal abzuklopfen. Und da meine Frau seinerzeit selber ein Jahr als Au Pair in New York gewesen ist und entsprechend positive Erfahrungswerte mitbrachte, gab es diesbezüglich keine Berührungsängste für uns.

Wo wohnt euer Au Pair?

Sie wohnt mit einer Studentin unweit von uns in einer WG zusammen. Für uns funktioniert das ganz gut, weil sie einerseits unseren Alltag, aber durch ihre Mitbewohnerin gleichzeitig eben auch Dinge mit bekommt, die ihr eine „30-Plus“-Familie nicht bieten kann, wie z.B. abends mit Gleichaltrigen mal ausgehen und das „jugendliche“ Berlin kennenlernen zu können.

Wie läuft das im täglichen Leben? Steht sie morgens mit dem ersten Babygeschrei bei Euch auf der Matte?

Nein. Dadurch, dass meine Frau selbstständig ist, brauchen wir die Unterstützung erst immer zwischen halb 10 und 10. Meistens holt sie das Au Pair zusammen mit dem Kleinen bei ihr ab, dann fahren die Drei gemeinsam zum Laden. Vor Ort bespaßt unser Au Pair den Kleinen, oder geht mit ihm spazieren. Und wenn er die Brust braucht, ist Mama entsprechend in Reichweite. Da wir sie morgens immer erst relativ spät dazu holen, passt es letztlich auch immer gut bzgl. der Gesamtzeit, die ein Au Pair wöchentlich arbeiten darf. Und sollte es mal länger geworden sein, versuchen wir an anderer Stelle zu shiften, z.B. dass meine Frau sie einen Tag mal gar nicht in Anspruch nimmt.

Sind es per se 7 Tage die Woche, die ein Au Pair zur Verfügung stehen muss?

In unserem Fall haben wir im Vorfeld Absprachen mit unserem Au Pair getroffen, an die man sich allein schon aus Gründen der Fairness halten möchte. Zum Einen soll niemand überarbeitet werden. Zum Zweiten will man das eigene Kind ja auch gar nicht so lange abgeben. Andererseits wollen wir hin und wieder abends auch mal gerne zwei, drei Stunden was ohne unseren Sohn unternehmen. Dafür muss sie dann am nächsten Tag aber auch entsprechend weniger arbeiten. Wir versuchen das also immer relativ flexibel zu handhaben, und das funktioniert bis jetzt auch ziemlich gut.

Ein Au Pair kann im Alltag eine wichtige Hilfe sein

Was macht es emotional mit einem, wenn man sich dafür eintscheidet, sein Kind einem Au Pair anzuvertrauen?

Als unser Au Pair angefangen hat, war unser Kleiner vier Monate alt. Bis dahin hatten wir den Charakter unseres Sohnes bereits soweit kennen gelernt, als dass wir wussten, dass er nicht fremdelt und kein Problem damit hat, von anderen auf den Arm genommen zu werden, usw. Von daher hatten wir damit weniger ein Problem bzw. nicht das Gefühl, dass es für ihn unangenehm werden könnte, mal einige Stunden mit einer, ich sag mal, fremden Person allein zu sein.

Für mich war es allerdings einfacher, als für meine Frau. In der ersten Woche hatte sie des Öfteren ein schlechtes Gewissen und sich oft gefragt, ob unser Sohn ihr das übel nehmen würde. Allerdings waren alle Zeichen, die der Kleine ausgesandt hat, sowohl in Richtung meiner Frau, als auch in Richtung des Au Pairs, positiv. Man hat ihm angesehen, dass er sich immer sehr gefreut hat, sie zu sehen, was meiner Frau entsprechend schnell die Ängste und Gewissensbisse genommen hat.

Gibt es so etwas wie eine Probezeit?

Nein. Prinzipiell kann das Verhältnis von beiden Seiten jederzeit aufgelöst werden. Was ja auch Sinn macht. Denn es kann ja immer sein, dass man mit dem Charakter des Au Pairs nicht klar kommt, oder mit den Leistungen nicht zufrieden ist. Andersrum kann sich ja auch das Au Pair, in diesem Fall eine junge Frau, das sich plötzlich in einer fremden Kultur wieder findet, aus vielerei Gründen nicht wohl fühlen. Und dann muss es unkomplizierte Möglichkeiten geben, die Beziehung wieder lösen zu können.

Wie findet man das richtige Au Pair?

Man kann über klassische Au Pair-Agenturen gehen, die die Vermittlung übernehmen, oder, wie seit einigen Jahren möglich, über Portale im Netz, in denen die potentiellen Au Pairs entsprechende Profile von sich angelegt haben. Zunächst haben wir auch über solche Portale gesucht, uns aber letztlich doch für eine Agentur entschieden. Denn das bisschen Provision, was man dort zahlt, empfanden wir als lohnenswert, weil es einen, für beide Seiten verbindlichen Ansprechpartner gibt, sollte es mal gravierende Probleme geben.

Natürlich ist die Anstellung eines Au Pairs letztlich auch eine sachliche Kosten-Nutzen-Rechnung. Was kostet Euch also das Au Pair im Monat?

Das festgelegte Taschengeld beträgt zunächst €250. Außerdem verpflichtet man sich, einen Deutschkurs zu finanzieren, der max. €60 kosten darf. In unserem Fall kommt noch mal die Unterkunft von €350 oben drauf und außerdem sind noch die Lebenshaltungskosten wie z.B. Verpflegung zu berücksichtigen. So liegen wir am Ende bei monatlichen Kosten von ca. €800. Klar, das klingt zunächst nach viel Geld. Aber letztlich rechnet es sich trotzdem für uns, weil wir beide eben sehr viel arbeiten. Und wenn die Rechnung aufgeht, ist man ja auch gerne bereit, in eine entsprechend gute Fürsorge zu investieren.

Wie seid Ihr an die Agentur gekommen?

Meine Frau hat einfach nur die Suchmaschine angeschmissen. Und auch eine Entscheidungshilfe gab in dieser Form es nicht. Aber die Kommunikation mit der Agentur war von Anfang an offen und transparent, sämtliche Kosten wurden von Beginn an klar und lückenlos kommuniziert und zeitliche Abläufe an die Hand gegeben. Wir bekamen in der Folge diverse Reminder zu den wesentlichen, zu organisierenden Punkten, usw. Außerdem hat sich die Agentur komplett um das Visum gekümmert.

Denn unser Au Pair kommt aus Moskau, entsprechend bedurfte es im Vorfeld eines sog. Letters of Invitation. Im Weiteren haben wir in den ersten Skype-Gesprächen mit unserer heutigen Au Pair z.B. erfragt, ob das Handling, wie es die Agentur betreibt, auch für sie stimmig und sinnig sei, um auch von ihrer Seite ein gewisses Gefühl zu bekommen, wie die Agentur arbeitet bzw. was sie leistet.

Wie muss man sich die Profile der Au Pairs auf solchen Seiten vorstellen, können die meisten bereits bestimmte Referenzen vorweisen?

Ja. Unser Au Pair z.B., hat einen BA in Linguistik und Pädagogik und spricht entsprechend gut Deutsch – ein wahnsinniger Glücksgriff, übrigens! Andere haben beispielsweise schon zwei Auslandsaufenthalte als Au Pair hinter sich und können sich entsprechend darüber qualifizieren. Wieder andere haben bereits länger in einem Kindergarten gearbeitet. All diese Referenzen kann man einsehen und werden später auch im Anschreiben mitgeschickt.

Was waren für Euch die ausschlaggebenden Kriterien bei der Wahl?

Hätte sie weniger gut Deutsch gesprochen, hätten wir darin eigentlich auch kein Problem gesehen. Wobei zumindest Englisch wichtig gewesen wäre, da wir beide kein Russisch sprechen. Ich denke, dass es die grundlegende Sympathie war, die wir, so glaube ich zumindest, gegenseitig füreinander empfanden. Dankenswerterweise gibt es heute eben solche Dinge wie Skype, die beim Kennenlernen natürlich extrem helfen. Süss war außerdem, dass gleich beim zweiten Skype-Call auch ihre Mutter mit auf der Couch saß.

Man konnte also erkennen, dass sich auch die andere Seite ernsthaft Gedanken über das gemacht hat, was da auf sie zukommen könnte. Außerdem hat unser Au Pair auch explizites Interesse an uns gezeigt. Sprich, sie wollte wissen wo und wie genau wir leben, was wir beruflich machen, aus welchen Familienverhältnissen wir kommen, usw. All das haben wir als positives Zeichen verstanden.

Für wie lange gilt ein solches Engagement generell?

Sowohl die meisten Familien, als auch Au Pairs, suchen Unterstützung bzw. einen Job über ein Jahr. Es sind aber auch 6, oder nur 3 Monate möglich. Nach hinten raus richtet sich das auch nach der Länge der Aufenthaltserlaubnis. Und die beträgt oft eben nicht länger als ein Jahr. Für uns wäre weniger als ein Jahr aber auch nicht in Frage gekommen, weil uns eine gewisse Beständigkeit wichtig war.

Welche Anforderungen stellt ihr an euer Au Pair?

Mal so rum: Man kann seine Suchkriterien im Vorfeld auch so formulieren, als dass man das Au Pair auch als Haushaltshilfe, sprich zum einkaufen, kochen und putzen in Anspruch nehmen möchte. Das macht nicht jedes Au Pair mit und war für uns auch nicht wichtig. Au Pairs, die das mit anbieten, hinterlegen das entsprechend in ihren Profilen. Für uns war ausschlaggebend, dass sie sich vernünftig um unseren Sohn kümmert. Klar geht sie ab und zu auch mal schnell auf eine Packung Windeln zum Drogeriemarkt. Aber generell muss sie solche Aufgaben nicht übernehmen.

Sie soll sich ja bei uns wohlfühlen, und nicht zuletzt auch deshalb, weil sich das ja auch positiv auf das Verhältnis zwischen ihr und unserem Sohn auswirkt. Es ist immer ein Geben und Nehmen, das sollte man im Hinterkopf behalten.

Ein Au Pair ersetzt nicht die Eltern

Stimmt, wenn´s hart auf hart kommen sollte, muss es am Ende das Kind ausbaden… Wie steht´s mit Urlaubstagen?

Das kann individuell ausgehandelt werden. 30 Tage aufs Jahr sollten es aber schon sein, finde ich.

Wie sind versicherungstechnische Dinge geregelt?

Ein weiteres Argument, welches dafür sprich, über eine Agentur zu gehen. Sollte man sowieso schon einen Versicherungsmakler in Anspruch nehmen, könnte sich auch dieser darum kümmern. Das ist für die nichts Ungewöhnliches. In unserem Fall aber hat die Agentur eine Empfehlung bzgl. eines Angebots eines Rundumschutzes (Kranken-, Haftpflicht-, Unfallversicherung, usw.) bei uns abgegeben. Dieses Angebot haben wir kurz auf einem Vergleichportal noch mal gegen gecheckt., fertig. Außerdem muss ein Au Pair als nicht EU-Bürger regulär gemeldet sein, wenn es sich länger als 90 Tage hier in Deutschland aufhält.

Und jetzt noch die vielleicht wichtigste Frage: Wie macht der Kleine das mit?

Bemerkenswert gut! Zumal wir ja trotz allem nicht wissen konnten, was uns erwartet. Zwar war er, wie gesagt, von Anfang an immer sehr offen gegenüber fremden Menschen. Und von daher haben wir auch nicht befürchtet, dass es schwierig wird. Aber dass er sie so schnell akzeptiert, dass er sich jeden Tag erkennbar freut, sie zu sehen, war so nicht abzusehen. Man muss dazu sagen, dass sie auch sehr viel von uns adaptiert, beobachtet, wie wir mit ihm umgehen, reden, was für Spielchen wir mit ihm machen, usw. Und das trägt natürlich auch dazu bei, dass er sich gut aufgehoben und mitgenommen fühlt.

Unser Sohn ist nach wie vor ein quietschfideler und gut gelaunter, lachender kleiner Furz! Meine Frau und ich sind sogar der Meinung, dass es schön für ihn ist, dass er früh genug erfährt, dass es auch andere Bezugspersonen außer uns gibt, denen er vertrauen kann. Aber noch mal; unser Au Pair trägt mit ihrer empathischen, selbstständigen Art maßgeblich zu unserer angenehmen Situation bei. Wir sind sehr zufrieden!

Ein gutes Schlusswort. Vielen Dank, Christian!

Carsten Bauer
Carsten Bauer
Carsten Bauer ist Vater einer Tochter, verheiratet und lebt in Berlin. Der gelernte Werbefachwirt ist außerdem Mitgründer von SOLO, einer Medien-Plattform für Skateboard-Kultur.

2 Kommentare

  1. Hallo Carsten und Christian,

    sehr schönes Interview und es ist toll zu sehen, was für positive Erfahrungen Ihr mit Eurem Au pair macht, auch dass Ihr ganz offensichtlich eine gute Agentur eingeschaltet habt, die ihre Arbeit richtig macht. Als Vertreterin eines internationalen Au Pair Verbandes iapa.org freut uns das immer zu hören, da wir schon auch empfehlen, über eine Agentur zu gehen, aus genau den Gründen, die Du genannt hast.
    Ihr habt aber auch offensichtlich die richtige Einstellung zu dem Ganzen und es geht Euch eben darum, dass alle Seiten happy sind. Au Pair bedeutet ja „auf Gegenseitigkeit“ und genau darum geht es. Dann wird es auch eine tolle Erfahrung für alle. Ich war selbst Au Pair vor vielen Jahren in den USA und möchte die Zeit nicht missen, mit allem Guten und auch mal weniger Guten. Aber die Erfahrungen, die man macht in einem anderen Land sind unbezahlbar. Schön, dass Euer Au Pair es offensichtlich wirklich gut bei Euch getroffen hat. Ich hatte früher selbst 15 Jahre eine Agentur und ich glaube, das Wichtigste ist, dass man versucht zu verstehen, dass da jemand anderes aus einer anderen Kultur kommt, mit anderen Denkweisen, die uns einfach oft erst mal fremd sind und natürlich auch Stoff für Konfliktpotential. Manche Leute vergessen, was es für eine Leistung ist für so einen jungen Menschen,, sich in einer fremden Kultur und fremden Sprache in einer anderen Familie einzugewöhnen und anzupassen. Das ist aber eben auch das Spannende daran. Ich glaube es ist gut, wenn unsere Kinder lernen, zu verstehen, dass andere Menschen anders ticken und offen sind dafür.

    Ich wünsche Euch und Eurem Au Pair weiterhin eine tolle Zeit und vielleicht wird daraus eine Freundschaft für´s Leben. Das erleben wir oft genug.

    Alles Gute

    Patricia

  2. Hey Carsten und Christian,

    wow, welch ausführliches und offenes Interview! Danke dafür!

    Übrigens: Natürlich gibt es eine Entscheidungshilfe: aupair-mama.de/aupair-check
    Und da ich keine Aupairs vermittle, sag ich auch klipp und klar, wenn ich denke, dass eine Familie besser nach anderen Optionen Ausschau hält.

    Fröhliche Grüße,
    Ulrike

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