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Interviews10 Fragen an Daddy: Stefan Alt

10 Fragen an Daddy: Stefan Alt

In der heutigen Ausgabe gibt’s mal wieder sehr persönliche und interessante Infos eines Vaters mit einer besonderen, nicht alltäglichen Geschichte. Lesen lohnt.

Hier die 10 Antworten von STEFAN ALT

1. Wer bist Du und was machst du?

Ich arbeite als Art- und Creative-Director, teils fest, aber auch als Freelancer für diverse Agenturen oder den Mittelstand. Nebenher bringe ich mit Freunden alle drei Monate ein kostenloses, bilinguales Magazin an den Start, in dem es um spannende Geschichten und tolle Fotos rund ums Angeln geht. Klar, dass ich auch oft an meinem Hausgewässer in der Lüneburger Heide oder der Ostsee anzutreffen bin, um meiner Passion, dem Fliegenfischen, nachzugehen.

Wenn sonst Zeit ist oder auch nur, um den Kopf frei zu bekommen, male ich auf großen Leinwänden mit Acryl und Öl. Ansonsten interessieren mich Konzerte, Flohmärkte, Tattoos, Fotografie, n büschen Tennis und gelegentlich ein Zug durch die Gemeinde, Ecke Hamburger Berg. Ich wohne in Eppendorf auf charmanten knapp 70qm Altbau, ca. einen Kilometer Luftlinie zu meinem Sohn, meine Heimat ist aber Estebrügge, ein kleines Dorf zwischen Buxtehude und Jork im Alten Land. Meine letzte Freundin ist seit etwas über einem Jahr weg, mein Führerschein schon deutlich länger …


2. Wie alt ist Dein Kind und wie hast Du den Tag der Geburt erlebt?

Julius ist jetzt 12 und die Geburt lag irgendwo zwischen Himmel und Hölle. Natürlich waren wir überglücklich und gespannt, als am Morgen die Wehen einsetzten, doch die stellten sich im Krankenhaus als blinder Alarm heraus.

Den ganzen restlichen Tag und die Nacht ging es auf und ab – er kommt, er kommt doch nicht. Irgendwann bin ich neben Malika (seiner Mutter) eingeschlafen. Stunden später ging dann alles ganz schnell, ich wurde geweckt, man schmiss mir OP-Klamotten zu. Dann ging alles ganz schnell – Julius kam per Kaiserschnitt zur Welt, ich saß neben der werdenden Mutter und hielt Malikas Kopf.

Nach wenigen Minuten wurde uns etwas kleines, verschmiertes über den grünen Sichtschutz gereicht. Ich war natürlich happy, aber irgendwie auch unsicher, weil mein Leben jetzt auf einmal so einen drastischen Einschnitt erfuhr. Bis zu dem Tag gab es eigentlich nur Arbeit und/oder Party. Die Hebamme machte den Kleinen dann sauber, verpackte ihn in Tücher, drückte ihn mir in den Arm und sagt „Gehen Sie doch schon mal zwei Stockwerke tiefer mit ihm, ich komme gleich nach.“ Ich bin noch nie so zitterig Treppen hinabgestiegen, es kam mir vor, als hätte ich rohe Eier, ne Ming-Vase und die Kronjuwelen von A nach B zu bringen…

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3. Wie seid Ihr zu dem Namen gekommen?

Wie alle werdenden Eltern haben wir die Wochen vorher Bücher und Foren durchgearbeitet oder haben den Tipps der Freunde zugehört. Das Problem: Malika arbeitete als Erzieherin und verband mit jedem Namen etwas. Ich fand z.B. Sascha toll und sie antwortete: „Nein, mein Sascha in der Kita ist so ein kleiner Dreckspatz, der sich ständig vollpisst.“

Die Namensfindung zog sich lange hin. Als wir eines Nachts von einer Feier kamen, fuhren wir auf der Julius-Vosseler-Straße zurück nach Winterhude. Ich sah den Namen und sagte „So, ich finde Julius geil und das ist auch mein letzter Namenswunsch. Wenn Du den nicht gut findest, nenn ihn von mir aus Jaques-Detlef, mir ist ab jetzt alles egal.“ Deshalb heißt Julius heute Julius.

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4. Als Creative Director und Herausgeber des SCALE bist Du zeitlich sicherlich limitiert. Wie haben sich Deine Einstellung, Dein Alltag und Dein Tagesablauf seit der Geburt geändert?

Am Anfang war alles schwierig und es hat nach einiger Zeit sogar zum Bruch mit Julius Mutter geführt. Malika war zwei oder drei Jahre zuhause, das wollten wir so, weil es uns einfach gut fürs Kind erschien. Ich musste als Alleinversorger natürlich mächtig ranklotzen, das war gerade in der Werbung schon echt grenzwertig. Kaum ein Wochenende durchgehend frei, abends immer lange oder sogar durch die Nacht. New Business und Präse sind die Stichworte. Am Wochenende habe ich zusätzlich als Ordner auf Flohmärkten oder Konzerten gearbeitet, weil ich immer Angst hatte, morgen geht uns die Kohle aus.

Hire & Fire war in den Agenturen damals an der Tagesordnung, alles hing an den jeweiligen Etats, auf denen man arbeitete. Work/Live Balance war damals Spackenkram, den Leute praktizierten, die morgens Eigenurin tranken und sich die Chakren streichelten. Wenn ich dann mal einen Tag frei hatte, wollte ich eigentlich nur alleine sein, nichts hören, nichts sehen. Es kam wie es kommen musste, die Trennung wurde von einem klassischen Burn-Out flankiert.

Ich hab viel geheult, weil mir alles zu viel war. Irgendwann hab ich den Job geschmissen, weil mir klar war, dass Julius durch seine Mutter auf jeden Fall versorgt war. Es gibt ja hunderttausend Mütter die das im Zweifelsfall alleine hinbekommen. Nach der Trennung von Julius Mutter war es erst schwierig, auch weil ich irgendwann eine neue Freundin hatte, aber Malika und ich haben relativ schnell ein Weg gefunden.

Die klassische Jedes-zweite-Wochenende-Lösung, dazu ein paar Wochen Ferien oder wenn Malika etwas vorhatte. Julius und ich hatten oft Sehnsucht nach uns und ich hab ihn einfach auch in der Woche oft bei mir gehabt (so bin ich übrigens zum weltbesten Schulbrotdesigner und Einschlaf-Horrorgeschichten Erzähler Deutschlands geworden). Das machen wir jetzt schon seit fast zehn Jahren so, allerdings ist Julius mit seinen 12 Jahren auch sehr selbstständig, hat alle Haustürschlüssel, weiß, wie der Mac anspringt, kann kleine Gerichte kochen und versorgt sich selbst. Wenn er da ist, sehe ich zu, dass ich pünktlich Feierabend mache, damit wir zusammen Abendbrot essen und die Simpsons gucken können.

5. Welches Lied singst Du beim Einschlafen vor?

Ich singe nicht. Als Baby habe ich ihn sanft mit Heavy Metall beschallt, damit er musikalisch gleich in die richtige Richtung geht, aber das ist zu meinem Entsetzen ins Gegenteil umgeschlagen. Ansonsten hab ich in meiner iTunes-Liste Unmengen von Hörspielen, da gab es abends immer mal was zum Einschlafen, Teufelskicker, Simsalagrimm oder klassisch den Hotzenplotz. Heute geht er eigentlich immer spät ins Bett und will dann auch gleich schlafen.

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6. Was und wann war Deine erste Schrecksekunde?

Als Julius bei einer Untersuchung im Krankenhaus ohnmächtig wurde. Die Schwester hatte ihm ziemlich viel Blut abgenommen und als wir das Behandlungszimmer verließen, war ihm schwindelig. Ich wollte einen Rollstuhl holen, hab Julius an die Wand gelehnt und als ich gerade einige Meter weg war, sackte er zusammen. Ich hab ihn gerade noch so auffangen können, dann waren auch sofort Ärzte da.

7. Welches ist Dein ultimativer Shopping-Tipp für andere Daddies?

Andere Welten in der Hamburger Grindelalle. Von Darth Vader Masken und Lichtschwertern über KISS Merch, den wichtigsten DVDs und Videogames für große und kleine Männer bis hin zum lebensgroßen Batman gibt es alles, was großen und kleinen Jungs das Herz warm werden lässt. Und natürlich der Lego Store in der Hamburger Innenstadt.

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8. Was machst Du mit Deinem Sohn am liebsten?

Reisen. Als er gerade sieben Jahre alt war, habe ich mit ihm die erste Trekkingtour auf fast 4.000 Meter Höhe hingelegt. Der „Lütte“ musste damals netto 10 Stunden wandern, hatte Krämpfe und weinte, sagte mir aber kurz vorm Schlafen, dass er sehr glücklich sei, diesen Trip geschafft zu haben. Ab da wusste ich: mit dem Jungen kann ich noch einiges durchziehen. Allerdings kommen wir wegen meines Jobs nicht so oft los, wie wir gerne möchten. Den Urlaub in den Herbstferien letzten Jahres musste ich canceln und hab mich mit einem iPad freigekauft.

Mein schlechtes Gewissen bin ich aber nicht losgeworden. Ich möchte die Reisefrequenz jetzt aber erhöhen, denn drei, vier Jahre weiter wird er sicherlich mit seinen Kumpels alleine Urlaub machen wollen. Es muss ja auch nicht immer der Reiseurlaub sein, verlängerte Wochenenden auf Städtetouren können ja auch nett sein. Immerhin, den letzten Jahreswechsel habe ich mit ihm in London verbracht und diesen Winter geht es deutlich weiter weg.

9. Was möchtest Du auf jeden Fall noch mit Deinem Sohn unternehmen, bevor er „flügge“ wird?“

Da gibt es nichts, was vorher erledigt werden müsste. Ich bin ein Sechzehnjähriger, gefangen in Körper eines 45-jährigen, da geht in den nächsten Jahren noch so einiges, wenn er denn will. Wenn nicht, ist das auch ok, zumal ihm jetzt schon einiges peinlich an mir ist.

Stefan Alt mit seinem Sohn Julius


10. Wie sieht für Dich ein perfekter Sonntagmorgen aus?

Julius ist bei seiner Mutter und irgendeine dralle Brünette fragt mich, wie ich meinen Kaffee möchte und steckt mir dazu ne Lucky an. Nein im Ernst, ich liebe es, neben meinem Sohn aufzuwachen. Wir nächtigen zusammen im Doppelbett, denn er mag es, nachts neben mir einzuschlafen, während ich drei Seiten lese oder vom Bett aus fernsehe.

Außerdem ist der Kuschelfaktor noch relativ hoch – das wird sich ändern und ich muss das noch ausnutzen. Manchmal macht er mir einen Kaffee und weckt mich, meistens stehe ich aber eher auf und wir frühstücken im Bett, gucken Scrubs oder die Big Bang Theorie – auch bei richtig geilem Wetter.

Vielen lieben Dank für die umfassenden und sehr persönlichen Einblicke!
Und hier findet ihr weitere Interviews.

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Mark Bourichter
Mark Bourichter
Mark Bourichter ist Vater von Henri, Baujahr 2012. Er macht seit über zehn Jahren was mit Medien. Seine Arbeiten sind mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Internationalen Deutschen PR-Preis und dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation.

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