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Papis erstes Jahr mit dem Nachwuchs IV: Vom raubeinigen Macho zum Pantoffelheld?

Nach einigen Tagen Familienzimmeridylle im Krankenhaus, gepaart mit unzähligen Litern Kaffee, steht für Mama, Papa und Baby die Reise nach Hause an. Die letzte Untersuchung ist gut verlaufen und der Doc gibt grünes Licht, ab nach Hause also. Was bei der Fahrt ins traute Heim sofort auffällt: gefühlt ist Daddy noch nie so vorsichtig gefahren, wie während dieser Tour. Die zulässige Geschwindigkeit wird kaum erreicht, beim Abbiegen wird penibel in Innen- und Außenspiegel geschaut und der Schulterblick wurde scheinbar doch nicht verlernt. Überholen? Auf gar keinen Fall, viel zu gefährlich! Die Fracht ist viel zu wertvoll: Vorsicht ist nicht nur die Mutter, sondern neuerdings auch der Vater der Porzellankiste.

Vor dem Haus angekommen, werden die Augen der Eltern groß, denn der Eingangsbereich des Hauses wurde von Freunden und Verwandten anlässlich des Nachwuchses liebevoll dekoriert. Ein großes „Herzlich Willkommen“ – Tuch, dazu eine Wäscheleine mit bunten, kleinen Kinderklamotten – all das macht schon ordentlich was her und lässt nicht nur Mama und Papa staunen, sondern auch sämtliche Autofahrer, die am Haus vorbeidüsen und dabei blöd gucken. Nun aber schnell rein, draußen ist es schließlich kalt, der Kleine muss ins Warme, bevor er sich noch erkältet. Fix wird noch ein Blick in den Briefkasten geworfen, dort befinden sich einige Umschläge, wahrscheinlich Glückwunschkarten. Nett, feiner Zug von den Absendern. Zeit zum Reinschauen bleibt aber vorerst nicht, später aber mal, wenn es etwas ruhiger ist.

Wahrscheinlich sind die ersten Tage in den eigenen vier Wänden für alle frischgebackenen Eltern erst einmal ungewohnt. Vom einen auf den anderen Tag wohnt ein kleiner Dötz mit in der Wohnung, um den sich ab sofort alles dreht. Diese Tatsache bewirkt, dass sich auch der Papa, der in der Vergangenheit gelegentlich mit dem ein oder anderen machohaften Zug ausgestattet war, nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus zuvorkommend und rücksichtsvoll wie nie verhält. Beispiele gefällig?

Baby anstarren – besser als jeder Blockbuster!

Der Bildschirm des Fernsehers war noch nie so lange dunkel, wie in diesen Tagen. Statt in der Glotze Sport zu schauen ist es viel spannender, den Nachwuchs eine gefühlte Ewigkeit anzustarren. Selbst wenn dieser schläft ist die Beobachterei unheimlich erfüllend und besser als jeder Blockbuster. Dabei wird der gelegentlich recht raubeinige Vater zum absoluten Romantiker, jedes Zucken und vermeidliche Lächeln des Kleinen wird mit Freude wahrgenommen und Vatergefühle ausströmen.

Das Handy, eigentlich 24/7 am Start, liegt auf einmal stundenlang in der Ecke, bleibt unbenutzt und wird extrem vernachlässigt. Anrufer probieren es seit Tagen vergeblich, auch Nachrichten werden oft erst am nächsten Tag beantwortet, wenn überhaupt. Stattdessen ist das einzige Gerät, welches der Vater aktuell regelmäßig bei sich trägt, das Babyphon mit verschiedenen Melodien und Walkie-Talkie-Funktion. Auch spannend.

In Sachen Verpflegung genießt Raupe Nimmersatt ab sofort absolute Priorität

War das Thema Essen in der Vergangenheit immer immens wichtig, sind geregelte Mahlzeiten aktuell selten, denn für Kocherei bleibt schlichtweg keine Zeit. Erstmal muss der Nachwuchs satt werden, Raupe Nimmersatt kann sonst nämlich verdammt ungemütlich werden. Also verzichtet Papa lieber auf seine Mahlzeit bzw. wartet noch eine Weile. Und wenn er es vor Hunger mal gar nicht mehr aushalten kann, greift er halt selbst zum Kochlöffel oder fragt höflich, ob er was zu Essen besorgen könne.

Ohnehin ist das selbsternannte Familienoberhaupt in diesen Tagen äußerst fleißig, viele Aufgaben, die ihm in der Vergangenheit eher zuwider waren, werden nun ohne Murren erledigt. Er wird zum absoluten Hausmann, bügelt, kocht, wäscht, bringt den Müll raus etc. – eine Metamorphose vom Macho zum Pantoffelhelden ist es zwar nicht ganz, eine beeindruckende Entwicklung aber auf jeden Fall.

Wie früher ist Papa auch in diesen Nächten schwer auf Tour – diesmal allerdings in der Wohnung und mit Baby auf dem Arm!

Schönheitsschlaf war übrigens auch gestern, die Nächte sind aktuell sehr kurz, fast so wie früher, als der Mann jedes Wochenende schwer auf Tour war und sich schonungslos dem Alkohol widmete. In diesen Nächten zieht er auch fleißig umher, allerdings nicht um die Häuser, sondern mit dem Sohnemann auf dem Arm durch die Wohnung, wenn dieser nicht schlafen kann.

Und selbst wenn das Kind schläft, ist es nahezu allgegenwärtig. Noch nie wurde so leise durch die Wohnung gehuscht, Türen nahezu geräuschlos geschlossen und völlige Stille geübt. Das geht so weit, dass tagsüber sogar Gäste gerüffelt werden, weil sie es gewagt haben, an der Haustür zu klingeln statt per Telefon zu fragen, ob jemand aufmachen könne.

Pampers und Ersatzmilch – wenn der Kassenbon explodiert…

Ein völlig neues Bild auch beim Einkauf: bei den Besorgungen sieht der Inhalt des Einkaufswagens auf einmal auch ganz anders aus, als vorher, schließlich muss ab sofort für ein zusätzliches Persönchen eingekauft werden. Und genau diese Artikel haben es in sich, allein Pampers und Ersatzmilch lassen den Durchschnittsbon rapide nach oben schnellen. Aber der sonst so sparsame Papa nimmt’s gelassen, für den Kleenen macht man’s schließlich gern.

Man(n) sieht schon an diesen wenigen Beispielen. Es ist einiges anders, seit der Nachwuchs das neue Heim bezogen hat, natürlich auch für den Papa. Aber so lange das Baby gesund ist, ist alles im Lot. Moderne Väter ziehen dabei gnadenlos mit und stellen sich selbst erstmal ein bisschen in den Hintergrund. Statt einen Egotrip zu fahren, unterstützen sie die frischgebackene Mama wo es nur geht, kümmern sich um eine Menge Drumherum und sorgen dafür, dass der Laden läuft. Und so soll es ja schließlich auch sein, zusammen geht’s immer noch am besten und macht auch am meisten Spaß…

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Thomas Bentler
Thomas Bentlerhttps://www.lektora.de/thomas-bentler/
Thomas Bentler ist 35 Jahre alt und lebt in der Nähe von Paderborn. Vom aktiven Amateurfußballer avancierte er bereits mit 27 Lenzen zum Trainer einer Kreisliga-A-Seniorenmannschaft, um später sogar Coach eines U17-Bundesliga-Teams zu werden. Er ist Autor des Buches "Volle Pulle Kreisliga".

1 Kommentar

  1. Gern gelesen. Leider gab es für mich damals an den fünf Tagen mit dabei im Krankenhaus nur koffeinfreien Kaffee oder Kamillentee. Der Weg war weit in die Cafeteria. Aber es ist halt da schon absehbar: der Weg ist das Ziel.

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